Die Mundartnacht «gägäWärt» ist tot. Es lebe die Mundart. Am Sonntag wurde sie nostalgisch und feierlich – es gab ein «Happy Birthday» unter Synthesizer-Klängen – im Kofmehl verabschiedet. Es war die 20. Durchführung – und Bloggerin Fatma Kammer war dabei.
Die Schuldigen für das Ende von «gägäWärt» waren schnell gefunden: Der Bundesrat habe die Mundartnacht auf dem Gewissen. Das behauptete Simon Chen, der trotz der 10. Moderation immer noch frisch daherkam. Bei der Verabschiedung am Schluss relativierte er. Niemand sei schuld. Es wird die Mundartnacht nicht mehr geben, weil sie nicht mehr gebraucht werde. Die letzte Ausgabe mit den acht Künstlern zeigte schön auf, wie das Wortspiel und die Poesie in der Deutschschweiz wächst und sich weiterentwickelt.
Usem Bärnische
Leider waren nicht viel Dialekte an diesem Abend zu hören. Mit Bänz Friedli «Bärner sy Dialäkt-Taliban», Stefanie Grob – zynisch böse – und Remo Zumstein –Wortspiele zum Totlachen – war Bern übervertreten. Inhaltlich war es ein gelungener Abend, wo sich Nachwuchs und Routiniers beim Rauf und Runter von der Bühne abklatschten.
Vo dr Jugend
Fine Degen und Julia Steiner – die Küken – gaben sich nostalgisch, philosophisch, poetisch. Bei Julia Steiners erstem Text – mit einer Ausnahme hatten alle zwei Auftritte – gab es zum Teil sogar Tränen im Publikum. Die Beiden waren so gut, dass Bänz Friedli auf der Bühne verkündete, er habe zwei Neuentdeckung für das Mundartfestival Arosa, wo er künstlerischer Leiter ist.
Mit Musig
Samuel Blatter alias Balz okay besang Banales mit solcher Inbrunst, dass es geisthaltig gehaltvoll rüberkam. Unterstützung hatte er von seinem Synthesizer und dem schräg tanzenden Vogel aus Kunststoff, der in der Ecke auf dem Instrument stand, seine Glubschaugen zum Publikum gerichtet.
Mit emene Buech
Béla Rothenbühler versetzte mit der Lesung aus seinem Roman «Provenzhauptschtadt» den Raum ins Luzernische. Sein alter Ego Thomas Müller schüttete manchmal lustig, manchmal tragisch sein Herz aus.
Und när isch ferti
Nachdem Schlussapplaus mit allen Künstlern, Organisator Rainer von Arx und dem Mundartnachterfinder Pascal Frey auf der Bühne, schleicht sich Wehmut ein. Beim Rausspazieren aus dem Kofmehl äussern es zwei Besucherinnen treffend: «Das war jetzt so schön. Ein würdiger Abschluss!»
Ein kleiner Wertmutstropfen enthielt der Abend nur für Bänz Friedli, der das Fussballspiel zum Meistertitel seines Lieblingsteams wieder mal verpasste. Hingegen freut sich Reto Zumstein. Sein Urlaub von seiner «Vaterschaft» war mit diesem Abend genau richtig gebucht.
Bänz Friedli wird übrigens demnächst wieder in Solothurn auftreten. Und zwar anlässlich der Literaturtage. Da kommt er zu einem Doppeleinsatz: Einerseits als Mitglied des Schriftsteller-Nationalmannschaft im Fussballspiel gegen die «Raketen Solothurn». Andererseits als Autor bei einer Fussballesung. Und wem das nicht reicht: Die letzte Mundartnacht wird am 31. Mai auf Radio SRF 1 im «Spasspartout» nachzuhören sein. Alle anderen Ausgaben werden über die nächsten Jahre verteilt jeweils mittwochs im Juli wiederholt. The show must «haut scho no» go on.
Bei ihr liegen die Ideen für Texte oft wirklich «auf der Strasse»: Fatma hat ein unglaublich gutes Gspüri für spezielle Menschen und ihre Geschichten. Und sie macht sich viele Gedanken über das, was sie umgibt. Darum wird sie auf zmitz mit Sicherheit nicht nur über besuchte Anlässe berichten, sondern auch über unerwartete Begegnungen mit Street-Art, mit Strassenmusikern oder dem «Kunstschaffenden von nebenan» und erzählen, was ihr dabei so durch den Kopf geht.