Kultürchen 5: Roman Lerch
Im diesjährigen kulturellen Adventskalender schaut zmitz auf 24 Jobs und Berufe in der Kulturwelt. Heute fragen wir Filmkomponist und Musiker Roman Lerch.
13 Fragen: Alessio Piazza antwortet
Alessio Piazza ist kein unbeschriebens Blatt in der Solothurner Musikszene. Mit zahlreichen Projekten hat sich der Solothurner einen Namen gemacht und auch als Techniker ist er bei Events sehr gefragt. Im Sommer feierte nun sein neuestes Projekt «Luci in Piazza» seine Premiere. Man darf auf die kommenden Konzerte gespannt sein – zum Beispiel Ende des Jahres am Solothurner Kleinkunsttag in der Kulturfabrik Kofmehl. Vorher hat sich Alessio jedoch noch Zeit genommen für die 13 Fragen von zmitz.
dEUS-Duell
Bloggerin Lucilia freute sich auf einen Abend «wie früher und Nadine merkte, dass dieses «Früher» definitiv an ihr vorbei ging und geht.
Ich bin froh, geht es bei dem Duell um den Meinungsunterschied und nicht um die Art,
wie man schreibt. Da hätte Lucilia natürlich um Längen gewonnen.
Als Lucilia mich gefragt hat, ob ich eine Indie-Band hören möchte, war ich sofort dabei.
Ich mag Lucilia und ich mag Indie. Ah ja und ich mag das Kofmehl. Ich habe auf Spotify
noch zwei kurze Ausschnitte gehört und war direkt Feuer und Flamme.
Als ich ankam, merkte ich, dass der Altersunterschied zwischen mir und den meisten
eher grösser war. Dies konnte mir Lucilia auch erklären.
Der Support Noonzy war melancholisch. Es war schön, aber in meinen Augen schon fast
langweillig. Er stand alleine auf der Bühne und machte sein Ding. Kurz danach kam
dEUS auf die Bühne. Die Stimme des Leadsängers war schön tief und kratzig. Fand ich
super. Bei den meisten Liedern hat die ganze Band mitgesungen und es hat sich super
angehört. Mein Highlight des Abends war, dass eines der Bandmitglieder ein "The
Meltheads"-T-Shirt anhatte. Da mein Künstlername Nadine Melthead ist, wollte ich das
T-Shirt haben. Ach, ich google mal.
Auf jeden Fall, musikalisch gesehen war das Konzert top. Es traf nur nicht meinen
Geschmack. Das Publikum hingegen, war sehr begeistert. Viele tanzten und "fühlten" die
Musik so richtig. Ich stand leider nur da, war müde und überfordert. Deshalb ging ich
kurz nach der Hälfte schon nach Hause. Wie es danach wurde, siehst du bei Lucilia.
Lucilia Mendes von Däniken
dEUS – als ich den Konzertaushang sah, wusste ich: «Das gibt ein Back-Throw-Konzert.» Einerseits
musikalisch, andererseits versprechen solche Konzerte ein Publikum, welches an eine
Klassenzusammenkunft erinnert: Ein Treffen mit Freunden von früher.
dEUS ist eine Indie-Rock-Band aus Belgien, welche ihre Erfolge in den 90ern feierte. Weder weiss ich
noch, ob ich sie schon mal gehört habe, noch kamen mir die Lieder bekannt vor. Aber egal: Es ging
ums Feeling.
Und dieses stellte sich rasch ein. Oldies auf, Oldies vor der Bühne und neben mir Nadine, die noch
nicht einmal auf der Welt war, als dEUS Erfolge feierte. Ich merkte rasch: Nadine gibt sich Mühe,
Interesse zu zeigen, aber eigentlich möchte sie lieber heim. Ich erzählte ihr «von früher» – und sie
fragte: «Gefällt dir die Musik heute noch?» Ich brauchte eine Weile, um die Antwort auf diese Frage
zu finden. Ich fand sie erst, als Nadine schon auf dem Heimweg war: Mit jedem Lied fühlte ich mich
wohler in der dEUS-Bubble. Vor allem die französischen Lieder erreichten mich. Und ich weiss
wieder, warum mir Indierock gefällt: Weil er einen Namen hat, aber doch in keine Schublade passt.
dEUS schien es ausserordentlich gut in Solothurn, respektive im Kofmehl zu gefallen. Der Sänger – der
ja viele Konzertorte kennt, nannte den Backstagebereich «Sofa Dreamin' Paradise!»
Übrigens war nicht nur Nadine etwas überfordert mit dem Abend. Als ich an einer Gruppe
englischsprachiger Fans vorbei ging, hörte ich einen der Männer sagen: «Solothurn is such a weird
place!» Ich dachte nur so: «Zum Glück!»
Kurzweilige Zeitreise an der Kulturnacht Grenchen
Es war nicht sein erster Besuch der Kulturnacht Grenchen – und Blogger Gianni ist überzeugt: Es war auch nicht der letzte! Die «Zeitreise» hat ihm Spass gemacht – und er wurde sogar vom Zuschauer zum Statisten. Aber lest selber.
«So many girls, so little time», hat mal ein Herzensbrecher gesagt oder gesungen. Das ging mir beim Studieren des Programms der Kulturnacht Grenchen durch den Kopf, oder: So viele spannende Angebote, so wenig Zeit. Unter dem Motto «Zeitreise» gab’s in der Zeitmesser-Stadt nacheinander und zeitgleich Konzerte, Tanz, Theater, Literatur, bildende Kunst, Graffiti, Film, Workshops, Ausstellungen, Partys usw zu sehen und zu hören. Von einem Act zum anderen hetzen mochte ich nicht, Kultur und Stress passen nicht zusammen. Vier Vorstellungen, die Graffitis auf dem Marktplatz und ein Ohr voll Hip-Hop bei der Centro-Unterführung habe ich geschafft, dazwischen hat’s sogar für Pizza und Bier gereicht.
Die erste Etappe war in der Stadtbibliothek und literarisch-kulinarisch, die Ankündigung «Peter Denlo liest und kocht aus „Zungentod“» hatte mich gwundrig und gluschtig gemacht. Bei manchen Lesungen ist mir schier das Gesicht eingeschlafen, nicht so beim witzig-abwechslungsreichen Auftritt des Berner Autors und Gründer des Ensembles DinnerKrimi. Als Schauspieler und Theater-Autor liest er lebendiger als andere, die Textauswahl aus seinem Debutroman war gut gewählt und hat Lust auf Mehr gemacht. Zum Einstieg las er das Rezept eines Gerichts aus Burma (Myanmar) vor, in seinem Buch sind einige davon zu finden. Zwischen den Texthäppchen hat Denlo burmesischen Fleischsalat vorgekocht – und als zmitz-Blogger mit wie immer vollem Körpereinsatz, durfte ich ihm assistieren. Das Essen war köstlich, obwohl ich zu den Menschen gehöre, die offenbar genetisch bedingt den Geschmack von Kardamom als «gruusig seifig» empfinden.
Mit einem Geschmack nach WC-Ente im Mund zog ich weiter ins Parktheater zum Konzert von Atina Tabé. Die Schauspielerin, Sängerin und Autorin ist in Teheran geboren, ihre Familie floh in den 80er-Jahren nach Deutschland, heute lebt sie in Solothurn und ist unter anderem am Theater Orchester Biel Solothurn engagiert. Mit ihrer Ausstrahlung und ihrer wunderbaren Stimme zog sie die Zuhörer:innen im gut besetzten Saal sofort in ihren Bann, mit ihren Liedern aus verschiedenen Kulturen sorgte sie für begeisterten Applaus – als Abschluss und Höhepunkt das Stück «Holm», ein ursprünglich iranisches Lied, das von der Sängerin Emel während des Corona-Lockdowns auf tunesisch aufgenommen und während der Proteste in ihrem Land zur international bekannten Hymne des Arabischen Frühlings wurde. Gänsehaut pur, ein paar Tränen und eine Standing-Ovation als Dank für Atina Tabé und Matthias Schoch, der sie am Flügel begleitete.
Danach schaute ich kurz in den Line-Dance-Workshop von Astrid Kaltenrieder rein – ebenfalls im Parktheater und ebenfalls gut besucht. Für mich ein kleiner Kulturschock. Die Teilnehmer:innen hatten offensichtlich Spass, mich hat’s nicht gepackt, ich habe dem Yankee-Reihentanz ein Bier vorgezogen, um die Lachmuskeln zu lockern. Als nächstes stand nämlich «Strohmann-Kauz» auf dem Programm, das Kabaret-Duo bestehend aus dem Berner Matthias Kunz und dem Oltner Rhaban Straumann. Ihre kultigen Figuren Ruedi und Heinz sind zum Brüllen lustig, ihre Komik aber nie slapstickhaft-banal. Der zeitweise surreale Dialog der kauzigen Rentner drehte sich um Themen wie neue Technologien, Wokeness, Pflegenotstand, Krieg und die Schweizer Neutralität – «die chame guet schüttle und immer wieder neu uslegge». Das Ganze immer augenzwinkernd und nach dem Motto: «S’isch nümm wie früöhner. – Jo. Früöhner isch ebe früöhner oder schpöter verbii.»
Eine völlig andere, aber nicht minder unterhaltsame Art von Kabarett zeigte das Duo Comedia Zap im proppenvollen Kleintheater. Kreativ und humorvoll war der Auszug aus dem Programm «Zeitlupe» von Cécile Steck und Didi Sommer, aber auch poetisch und romantisch. Kein Wunder, die beiden aus Starrkirch-Wil haben schliesslich beim aktuellen Programm des Zirkus Monti Regie geführt. Die Vorführung passte wunderbar zum Kulturnacht-Motto, der Schluss des Stücks fasste es perfekt zusammen: «Die Zeit ist zu langsam für jene, die warten; zu kurz für jene, die sich freuen. Doch für jene, die lieben, ist Zeit Ewigkeit.» Und vor dem Schlussvorhang und dem tosenden Applaus gab’s noch das ultimative Woody-Allen-Zitat obendrauf: «Die Ewigkeit dauert lange, besonders gegen Ende.»
Mein Fazit: Herzlichen Dank den Macher:innen! Ich habe eine entspannte, unterhaltsame, anregende, kurzweilige Zeitreise erlebt – das war garantiert nicht meine letzte Kulturnacht Grenchen.