Die Musikgalerie Solothurn organisierte am Freitagabend eine «Leonard Cohen Tribute Night» im Uferbau. zmitz-Bloggerin Mirjam Staudenmann hatte Cohen live verpasst. Ist unter diesen Umständen eine Tribute-Night tröstend?
Es ist ungefähr ein Jahr her, dass mir Adina Friis erzählt hat, Leonard Cohens Konzert sei eines ihrer schönsten gewesen. Sie habe bei «Suzanne» Tränen in den Augen gehabt. Ich suchte darauf nach seinen Tourdaten – nichts geplant in der Schweiz. Ein gutes halbes Jahr später war Leonard Cohen tot. Going home without my burden / Going home behind the curtain / Going home without the costume / That I wore.
Dass Adina Friis eine der Künstlerinnen an der Solothurner «Leonard Cohen Tribute Night» ist, überrascht mich nicht. Was mich hingegen überrascht, ist der grosse Andrang im Uferbau: Die beliebten Tische werden rausgetragen, die Stühle zusammengerückt, das Publikum bis zur feuerpolizeilichen Vertretbarkeit in den Raum gedrängt. Ben Jeger und Andreas Schertenleib eröffnen den Abend. Schertenleib dabei in der Rolle als Cohen himself: Von der Poesie habe er nicht leben können, darum habe er mit Songwriting angefangen. Like a bird on the wire / Like a drunk in a midnight choir / I have tried in my way to be free.
«Land Covered with Briar» ehren «die alte Seele» mit Rassel und einem etwas wahnsinnigen Blick des Sängers. When they said repent repent / I wonder what they meant singt das Publikum – die Stimmung im Raum heizt sich auf. Etwas später singen «Les Nards Connards» Say goodbye to Alexandra leaving / Then say goodbye to Alexandra lost. Und plötzlich fühlt es sich an, als ob man gemeinsam um einen alten Freund trauert. Zugegeben, um einen Freund, den man nicht regelmässig getroffen hat, der nicht an jedem einzelnen Tag fehlt, aber von dem man weiss, dass er einen geprägt hat. There’s truth that lives / And truth that dies/ I don’t know which / So nevermind.
Adina Friis spielt – ich habe es nicht anders erwartet – unter anderem «Suzanne». Steffi Friis, Marion Baschung und Manon Kaiser unterstützten sie dabei mehrstimmig. Cohen hat den Song für eine Tänzerin geschrieben, doch wenn Adina spielt, hört und fühlt es sich an, als stamme der Song aus ihrer Feder. And you want to travel with her/ And you want to travel blind.
And everybody knows that it’s now or never singen «G.O.D.S» und setzen eigene Akzente mit Til Frentzels Flöte. «BalmJam» finden einen experimentellen Zugang mit Spoken Word und mastern mit einer Digital Audio Workstation während «MamjuLay» wieder klassischer, dafür mit Bassklarinette auftreten. She says you’ve got a minute left to fall in love / In solemn moments such as this I have put my trust. «Männer mit Backenbart» schliesslich erklären, dass Cohen «Bird on the Wire» in Grenchen geschrieben hat und singen – begleitet nur mit Gitarre – Ring the Bells / That still can ring.
Eine Schweizer Kleinstadt will einem preisgekrönten, hochgeschätzten kanadischen Künstler Tribut zollen. Allein dieser Gedanke lässt einen die feinen Härchen zu Berge stehen. Und wie ich dieses Konzert in seinem Facettenreichtum geniesse, denke ich mir, dass dieses Konzert den «Tribut», das wörtlich «Zugeteilte» auch tatsächlich ausdrückt. Jede Künstlerin und jeder Künstler hat an diesem Abend einen eigenen Ausdruck gefunden Leonard Cohen zu ehren, ihm zu gedenken, ihn für diesen Moment wieder lebendig erscheinen zu lassen. Die Zugänge hätten unterschiedlicher nicht sein können. Doch scheint damit bestätigt, dass seine Musik in jeder Person etwas anderes ausgelöst hat. Eine Tribute-Night ist vielleicht nicht tröstend. Aber sie ist zugleich persönlich und verbindend. Cohen hatte Recht: I’m your man!
Seit der ersten Stunde bei zmitz dabei, ist sie sich bewusst, dass Kultur nicht immer allen gefallen muss. Sie aber weiss, was ihr passt. Soll nicht heissen, dass sie auch einmal über den Tellerrand ihrer eigenen Kultursuppe hinausblickt und Dinge erkundet, die nicht unbedingt ihr Ding sind. Ihr Herz schlägt für Musik – ob ab Bühne oder Konserve – und vor allem für alles, was nicht so ganz in ein Schema passen mag. Und weil sie im Hintergrund aktiv mitdenkt, bleibt zmitz nicht so gut wie ehedem, sondern wird stets besser.