«Mit dem Wissen wächst der Zweifel», soll Goethe gesagt haben. In «Zweifel», der neuen Freilichtaufführung des Theaters Mausefalle, wird gar nicht erst versucht, den Tatsachen auf den Grund zu gehen, gezweifelt wird umso mehr. zmitz-Bloggerin Mirjam Staudenmann war an der Hauptprobe dabei.

Ab dem Moment, als Vater Flynn die ersten Worte seiner Predigt vorträgt, wähnt man sich in einer Klosteratmosphäre: Unter den Kastanien, geschützt von einer Steinmauer, fällt kaum auf, dass das Museum Blumenstein, in dessen Garten das Theater spielt, kein Kloster ist. Ins Auge springt viel eher der im Garten stehende Steintisch – für das Theaterstück zum Altar umgenutzt –, von dem man sich fragt, ob dieser immer schon hier gestanden hat.

Wir schreiben das Jahr 1964 und befinden uns in einer katholischen Schule, die von Schwester Aloysius mit strenger Hand geführt wird. Doch sie hegt Zweifel an Vater Flynns Integrität als Lehrer. Bald wird ein schlimmer Verdacht geäussert, bei welchem Aussage gegen Aussage steht – die eine Wahrheit gegen die andere. Die Fronten sind verhärtet und der Dialog weicht den eigenen Wertehaltungen.

Bereits seit 2020 probt das Ensemble für die Produktion «Zweifel». Wenngleich mit einem sehr langen Unterbruch. «Seit die Kulturbetriebe nun wieder offen sind, war für uns klar, dass wir im Jahr 2022 endlich auftreten wollen», sagt die Inszenierungsleiterin Janine Frey. Wenigstens darüber bestand kein Zweifel. Auf der «Gartenbühne» jedoch nagt dieser immer und überall. Die mit dem Pulitzer-Preis gekrönte Parabel von Patrick Shanley greift gemäss Janine Frey denn auch ein Thema auf, das aktueller ist denn je ist: «Das Thema ist spannend, weil der Frage nachgegangen wird, was richtig und was falsch ist. Diese Polarisierung ist ein Ausdruck der Zeit. Das kritische Nachfragen und das dialogische Verhandeln von Themen scheinen nicht mehr so gefragt zu sein. Für mich illustriert die Parabel, dass es schwieriger ist, die Wahrheit zu kennen, als über andere zu urteilen.»

Nach der Hauptprobe bleiben bei mir nicht nur Zweifel zurück. Einige Szenen belustigen, zum Beispiel jene, als eine bald erblindete Schwester umfällt und Schwester Aloysius dies damit begründet, dass Schwestern durch ihre schwarz-weisse Dominostein-Existenz eine Veranlagung zum Fallen hätten. Auch die Leistung der Schauspielenden überzeugte mich sehr. Und an diesem 14. Juni, Tag des Frauenstreiks, hallt auch noch ein anderer, aktueller Satz der Schwester nach: «Wir werden von Männern verwaltet.»

Zweifelt mit: am 17., 18., 24., 25. Juni sowie 1. und 2. Juli jeweils um 19.30 Uhr und am 26. Juni um 17 Uhr. Details hier.

Seit der ersten Stunde bei zmitz dabei, ist sie sich bewusst, dass Kultur nicht immer allen gefallen muss. Sie aber weiss, was ihr passt. Soll nicht heissen, dass sie auch einmal über den Tellerrand ihrer eigenen Kultursuppe hinausblickt und Dinge erkundet, die nicht unbedingt ihr Ding sind. Ihr Herz schlägt für Musik – ob ab Bühne oder Konserve – und vor allem für alles, was nicht so ganz in ein Schema passen mag. Und weil sie im Hintergrund aktiv mitdenkt, bleibt zmitz nicht so gut wie ehedem, sondern wird stets besser.