«Nemo goes Symphonic» hiess es am Freitagabend in der Kiesofenhalle. Nach dem Sieg des ESC 2024 stand Nemo zusammen mit dem Sinfonieorchester des TOBS auf der Bühne. Bloggerin Lucilia Mendes von Däniken schwebte zwischen «ist das heiss hier in der Halle» und unglaublichen Gänsehautmomenten.
Gleich vornweg: Am Glücklichsten machte mich an diesem Abend der absolut offensichtliche Respekt, den man zwischen dem Ausnahmetalent Nemo sowie dem künstlerischen Leiter und Dirigenten des Sinfonieorchesters Biel Solothurn Droujelub Yanakiew spürte und sehen konnte. So viel Herz, so viel Nähe und so viel Freude: Das war an diesem Abend in der stickigen Kiesofenhalle auf dem Attisholz-Areal einfach ansteckend.
Den Start machte das Orchester alleine mit einem Nemo-Medley. Und ein Blick auf das Programm machte nicht ganz deutlich, ab wann denn Nemo auf der Bühne stehen würde. Schaute man ins Publikum, stellte sich mir eine Frage: «Wie viele der Menschen hier kommen in erster Linie wegen Nemo und wie viele wegen des Orchesters?» Wer die Nemo-Fans sind, war rasch deutlich. Ballettröckchen, Abendkleider, bunte Haare, ein Mädchen mit einer Froschmütze auf dem Kopf und einem Frosch-Plüschtier bekleidet mit pinkem Tütü fielen auf – und immer wieder wurden handbeschriftete Schilder für Nemo in die Luft gestreckt. Da waren aber auch Barfuss-Konzertbesucher, Anzug-Träger – und überdurchschnittlich viele Kinder.
Nemo kam schon beim zweiten Stück des Programms auf die Bühne und nahm Jung und Alt mit der positiven, fast kindlich-naiv wirkenden Art komplett ein. So viel Leichtigkeit, so viel Neugier, so viel Freude an der Sache. Oft hatte man das Gefühl, dass Nemo in einer Märchenwelt lebt und sich selber immer wieder fragt: «Ist das hier alles wirklich – oder träume ich?»
Nemo suchte auch immer wieder den Kontakt zu den Fans, winkte, lachte, machte Zeichen. Gab dem Mädchen mit dem Plüschfrosch zu verstehen, dass Nemo sie wahrnimmt – was wiederum das Mädchen in grösste Aufregung versetzte.
Es war faszinierend zu sehen, wie eine einzelne Person ein ganzes Orchester fast vergessen machen kann – ohne das bewusst zu suchen. Und dann wiederum dem Orchester so viel Aufmerksamkeit schenkte, dass man die Kombination nicht als ungewöhnlich, sondern als «perfect match» wahrnahm.
So machte Nemo auch Platz für Valérian Alfaré, den Euphoniumspieler, der die Schweiz kommenden Samstag im norwegischen Bodø am diesjährigen «Eurovision Young Musicians»-Wettbewerb vertreten wird. Sozusagen dem klassischen Pendant zum ESC.
Das Orchester vollbrachte zusammen mit dem Bieler Ausnahmetalent einen musikalischen Seiltanz, der aber eher wie ein leichtfüssiges Ballett – heute ohne Tütü – wirkte. Klassik verfloss mit Pop und aus Nemo wurde bei «Salve Regina» kurzzeitig eine Operndiva. Auch wenn mir persönlich dieses Werk in diesem Rahmen zu sakral war: Es zeigte auf beeindruckende Art und mit Gänsehaut verbunden, wie gross der Tonumfang ist, den Nemo beherrscht. Das Publikum war beeindruckt. Mitten im Konzert eine Standing Ovation – das gibts eher selten. Nemo hat es verdient.
So ging es während gut 80 Minuten: Klassik mischte sich mit Pop. Mal gehörte die Bühne vor allem Nemo, immer wieder aber auch dem grossen Klangkörper, dem Orchester.
Mit «The Code» ging der Abend zu Ende. Ein heisser Abend, in einer etwas zu stickigen Halle, die meines Erachtens auch etwas zu stark beleuchtet war. Das war denn auch das Einzige, was mich an dem Abend gestört hat. Ansonsten war es schlicht faszinierend, wie 1600 Menschen, mit offensichtlich sehr unterschiedlichem Hintergrund, mit unterschiedlicher Motivation und unterschiedlichen Denkweisen gemeinsam den Abend verbrachten und allesamt zufrieden in das sommerlich – von Menschen wimmelnden – Attisholz-Areal eintauchten.
Mir ging auf dem Weg zum Parkplatz eine Frage durch den Kopf: «Kann man sich Nemo als alten Menschen vorstellen?» Die Antwort eines Kollegen stimmte mich zuversichtlich: «Klar, Nemo wird eine alte, nonbinäre Person sein. Das kennt man heute noch kaum, aber in Zukunft wird das normal sein.» Eine schöne Vorstellung, oder?
Ohne Lucilia wäre zmitz nicht zmitz. Denn im Jahr 2014 gründeten sie und Fabian den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn strahlen zu lassen. Aus langjähriger beruflicher Tätigkeit und purem persönlichem Interesse kennt sie die Kulturbetriebe der ganzen Region und denkt immer eine Nasenspitze weiter. Sie ist aber nicht nur Co-Leiterin der Redaktion, sondern auch Vizepräsidentin des Vereins zmitz.