Bloggerin Fatma Kammer geht auf der Suche nach Stoff für «zmitz» mit offenen Augen durch Solothurn. Bei ihr liegen die Geschichten sozusagen auf der Strasse – oder diesmal wohl eher am Weg.

«Wege entstehen dadurch, dass man sie geht». Diese Glückkeksweisheit von Kafka trifft auf unsere Stadt zu. Ein neuer Weg schmückt den Kreuzackerpark. Er führt zwischen dem Teer des renovierten Rosengartens und westlich der Hafenbar zum Aareufer. Das Stadtoriginal Wolfgang Wagmann orakelte in der Tagespresse darüber, ob der Kiesweg ein erleichterter Zugang zum «Berntor3» – dem Projekt Kunst und Bau – sein soll.

Weit gefehlt. Der Weg war da, noch bevor Kunst und Bau ein gemeinsamer Begriff wurden. Kein Gras vermochte mehr nachzuwachsen, weil eilige Fussgänger:innen und rigorose Zweiradfahrer:innen zwischen den Bäumen mehr als eine Abkürzung sahen: schneller bei der Brücke, schneller beim Bücherschrank, schneller beim Fürobebier. Je nach Motivation kam ein «Singletrail Mountainbikefeeling» auf. «Mit den Wurzeln war es viel lustiger», hat unlängst ein junger Velofahrer bemerkt. Jetzt ignoriert er den gelblichen Kies und folgt emotionslos brav dem Teer entlang.

Zugegeben, beim Anblick des neuen Weges war meine Reaktion Freude. Ähnlich wie beim Empfang einer handgeschriebenen Karte. «Toll, hat sich da jemand die Mühe gemacht.» Und: «Wow, seht euch mal den tollen Sandstrand an.» Bis der Enthusiasmus nach dem Lesen zwischen den Zeilen getrübt wird. Wäre angenehmer gewesen, nichts zu empfangen. Die Botschaft des Kiesweges ist subtil und fies. «Hier, wir schenken euch Bequemlichkeit und Ordnung.»

Scheiss auf «Bequemlichkeit» und nieder mit der «Ordnung». Die unzähligen Tritte und Reifenumdrehungen wurden nicht geleistet, um einen Langweilerweg zu erzwingen. Rebellion! Anarchie! Und kein reissbrettgeplanter Weg. Ein kleiner Trost, dass die Granitbundsteinfassung an den Rändern nur bis zur Hälfte reicht. Die Muse lenkte bei der Planung ab und nahm dem Bestreben nach Bilderbuchromantik ein wenig Kitsch weg. Dafür hatte sie keine Macht weiter östlich der Aare entlang. Die Mission «Bequemlichkeit und Ordnung» hat da zwei Sitzbänke hervorgebracht. Auf wohlgeformten quadratischen Steinplatten stehen sie und warten auf ihre Nutzung. Vielleicht kommen andere Gäste als die nächtlichen Welsfischer und nutzen dabei den Wurzelweg zwischen den Bäumen, der den Missionaren noch nicht zum Opfer gefallen ist, um dort ein Buch zu lesen. Vielleicht das Neue von Gasser, «Solothurn blickt in den Abgrund»?

Bei ihr liegen die Ideen für Texte oft wirklich «auf der Strasse»: Fatma hat ein unglaublich gutes Gspüri für spezielle Menschen und ihre Geschichten. Und sie macht sich viele Gedanken über das, was sie umgibt. Darum wird sie auf zmitz mit Sicherheit nicht nur über besuchte Anlässe berichten, sondern auch über unerwartete Begegnungen mit Street-Art, mit Strassenmusikern oder dem «Kunstschaffenden von nebenan» und erzählen, was ihr dabei so durch den Kopf geht.