Was ist für dich gute Kultur, wo geniesst du sie, wie sieht dein alltäglicher, allwöchentlicher Kulturkonsum aus, was hörst, liest, schaust du? Was hast du für Erinnerungen oder Pläne? Mit dem diesjährigen Kultürchen wollen wir «gluschtig mache» auf Kultur. Heute mit Lucilia Mendes von Däniken.

Kultureller Mut kann Türen öffnen! Wirklich! Als wir vor mehr als 10 Jahren mit zmitz begonnen haben, nahmen wir Schreibenden uns vor, öfters mal unsere kulturelle Komfortzone zu verlassen. Dies habe ich mir in den vergangenen Jahren – auch unabhängig vom Blog – immer mal wieder zu Herzen genommen. Und selten bereut. Gelernt habe ich dabei, dass es nicht nur Mut, sondern auch ein gewisses Mass an Vorbereitung braucht, um dem Neuen eine Chance zu geben. So habe ich vor vielen Jahren die Oper «Faust» anlässlich des «Classic Openairs» zusammen mit einer Kollegin besucht, die Faust gelesen hat. Ihre Hilfestellung hat mir zwar einen Rüffel eines anderen Opernbesuchers und somit einen Dämpfer beschert, aber doch nicht die Lust genommen. Opern (z.B. die Barockopern auf Waldegg) besuche ich seither gerne, aber immer nur mit einem Programmheft in der Hand, wo ich den Verlauf und die Texte mitlesen kann. Ansonsten wäre ich verloren.

Was kultureller Hunger für Türen öffnen kann, haben mir zwei Filmtage-Besuch gezeigt. Der Film «Becoming Giulia» hat in mir 2023 die Lust auf einen Besuch einer Ballettaufführung am Opernhaus Zürich geweckt. Dieser steht zwar noch aus, aber ist immer noch auf der kulturellen To-do-Liste zu finden. Auch ein Besuch anlässlich der Filmtage 2024 hat einiges ausgelöst: Zusammen mit einer Freundin hatte ich genau einen freien Morgen im Terminkalender. Morgens ist die Auswahl an Filmen noch nicht so gross. Wir landeten im Film «Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste». Er thematisiert unter anderem die amour fou zwischen ihr und dem Schweizer Schriftsteller Max Frisch. Beide Persönlichkeiten waren mir ein Begriff, gelesen habe ich aber nur «Andorra» von Frisch – und zwar als Pflichtlektüre an der Kanti. Der Film hat uns gefallen. So gut, dass wir beschlossen das Buch «Wir haben es nicht gut gemacht» über den Briefwechsel der Beiden zu kaufen. Da dieses aber erst Monate später in die Läden kam, kauften wir zuerst «Ingeborg Bachmann und Max Frisch – Eine Liebe zwischen Intimität und Öffentlichkeit». Biografien sind sonst eher nicht mein Ding. Aber durch den Film war meine Neugier geweckt. Ich las die Bücher in einem gemächlichen Tempo – und während der Lektüre erwachte in mir eine weitere Neugier: Ich nahm «Andorra» viele Jahre später wieder in die Hand, las es diesmal aus der Sicht einer Erwachsenen, die nicht «muss», sondern will. Ich amüsierte mich über die Notizen im Buch – und wurde noch neugieriger: «Wird das Stück wohl bald irgendwo gespielt?», fragte ich mich.

Verpasst habe ich es gerade um paar wenige Tage am Theater an der Effingerstrasse in Bern. Doch ich bleibe neugierig. Suche weiter – und die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass ich durch den Besuch von «Andorra» – oder eines anderen Frisch-Werks – ein mir bis anhin unbekanntes Theater entdecke – und dadurch vielleicht einen neuen Lieblings-Schauspieler/eine -Schauspielerin, der/die mich neugierig auf mehr macht. Und es kann gut sein, dass ich dann nach dem Theater an einem Plakat vorbeispaziere, das meine Lust auf eine Lesung, ein Konzert oder eine Ausstellung weckt.

Kultur kann ein Türöffner sein, wenn man sich darauf einlässt. Wagt es!

Lucilia Mendes von Däniken ist schon seit ihrer Jugend hungrig nach Konzerten. Gestillt wurde dieser Hunger vor allem in der Kulturfabrik Kofmehl. Mit der Zeit wuchs das Verlangen nach noch mehr kultureller Nahrung. Es folgten Theaterbesuche, Spaziergänge durch Museen und plötzlich öffnete sich der Horizont für klassische Musik. Kultur geniessen und darüber schreiben, verbindet zwei ihrer Leidenschaften – seit 10 Jahren hier auf zmitz als Co-Redaktionsleiterin.