Gianni Leardinis hoffentlich bleibenden Eindrücke von den wunderbaren Solothurner Literaturtagen, zufällig und nicht immer selbsterklärend; die Zitate aus dem Gedächtnis und teilweise übersetzt, darum ohne Gewähr.

Das Wetter viel zu schön, um in einen Saal zu sitzen – es natürlich trotzdem tun, aber mit reduziertem Programm.

Die freudige Spannung vor der Lesung, wenn sich der Saal langsam füllt.

Mein Kanti-Deutschlehrer neben mir im Theatersaal – das Lesen konnte er mir nicht austreiben, das Schreiben sowieso nicht.

Sunil Mann hat das Germanistik-Studium «erfolgreich abgebrochen», ich meines erfolglos abgeschlossen. Nachdenken über den Erfolg.

Sunil Mann: «Schweigend verstehen wir uns wesentlich besser.»

Peinlich: Moderator:innen, die sich am liebsten selber reden hören.

Das Wetter viel zu heiss, um dem Programm auf der Sankt-Ursentreppe zu lauschen – es natürlich trotzdem tun, aber hinter dem Schatten spendenden Brunnen verkrochen.

Tabea Steiner liest «Ziemli geil» (versteht mich nicht falsch: Das ist der Titel eines Textes von ihr).

Meine Tränen in der Lesung zu den literarischen Spuren der Migration – Erinnerungen, Trauer, Wut.

Zora del Buono: «Migration ist normal.» Gabriella Zalapì: «Achtung: Wir sind privilegierte weisse Frauen aus dem gleichen Kulturkreis.» Laura Accerboni: «La letteratura e la poesia mangiano il muro.»

 

Ein Museumspark (Bild oben), der endlich mal so richtig mit Leben gefüllt wird; zum Wiederholen, null Sehnsucht nach dem Landhaussaal.

Judith Keller: «Es kam ihr im Wald ein Löwe entgegen. Aber da sie nicht im Zoo war, beachtete sie ihn nicht.»

Sympathisch: Moderator:innen, die den Faden verlieren.

Judith Keller: «Es ärgerte sie, dass er nicht schrieb. Sie hätte ihm auch gern nicht geschrieben.»

 

Fussball (Bild oben): FC Raketen Solothurn gegen die Literatur-Nati; grosser Einsatz auf dem viel zu grossen Stadion-Rasen, das Resultat ist Nebensache, Peter Bichsel fehlt.

Variantenreich, die Köpfe immer noch hitze-rot: die Lesung der Literatur-Nati im Museumspark; Peter Bichsel ist auch hier: Franco Supino schenkt uns lesend dessen „«Linksaussen» – Rechtsaussen geht gar nicht, das versteht sich von selbst.

Mal andere Menschen in Solothurn, lesende, darum interessante.

Lebhaft-zapplige, multikulturell-sprachenvermischende, farbig-laute, das Publikum einbindende Performance von Marko Miladinović – unmöglich, so etwas zwischen zwei Buchdeckel zu zwängen. Und: «Reziprozität» ist jetzt auch mein deutsches Lieblingswort.

Ergraute Literaten trotz Hitze in Hemd und Kittel, jüngere wegen der Hitze im T-Shirt und Fussballshorts.

 

Marko Miladinović (im Bild oben): «Madre natura ha cambiato sesso, ha speso und fortuna per strozzarsi con il suo cazzo.»

Brillant, wie Jonas Lüscher die zunehmend schwierige Beziehung zwischen Mensch und Maschine thematisiert: «Verzauberte Vorbestimmung», vielschichtige Technologiekritik von einem Autoren, der dank lebensrettenden Maschinen vor seiner schweren Covid-Erkrankung genesen ist.

Ärgerlich: Moderator:innen, die zu viel vom Buch verraten, neudeutsch spoilern.

Jonas Lüscher: «Darum spielt das Buch nicht in der Schweiz. Hier leidet man zu wenig.»

Nach den Lesungen ein heftiges Gewitter und der Champions-League-Final – gleich grosser Einsatz, anderes Resultat als am Nachmittag.

Beeindruckend, wie Francesca Melandri in «Kalte Füsse» Gedanken zum aktuellen Ukraine-Krieg verknüpft mit den Erinnerungen ihres Vater, der im zweiten Weltkrieg den Untergang der italienischen Armee an der Russland-Front erlebt hat. Kein Buch über den Krieg, sondern über die Demokratie, die Gerechtigkeit, das Schwarz-Weiss-Malen und die Grautöne im Leben. Wie würden wir uns verhalten, wenn wir selber und direkt vom Krieg betroffen wären?

Francesca Melandri: «La morte parte dai piedi freddi.»

Schweizerisch-überkorrekt: Das Licht im Saal geht an, bevor die italienische Autorin fertig gelesen hat, sie hat halt zwei Minuten überzogen.

Jonas Lüscher: «Jemand musste damit aufhören.»

Im Park, unter dem Schatten eines Magnolienbaums, diese Eindrücke schreiben.

Sunil Mann: «Ich mag keine Happy Ends.»

Ich auch nicht.

Meral Kureyshi: «Ich summte ein Lied, das ich nicht kannte.»

Schlaflose Nächte: Wie hiess das Lied schon wieder?

Gianni ist Blogger der ersten Stunde. Er hat schon überall geschrieben und kommuniziert. Bei der Zeitung, für den ÖV, für Spitäler, fürs Vini, jetzt für die öffentliche Verwaltung im östlichen Nachbarkanton. Wieso also nicht für zmitz – wieder. Gianni trifft man immer und überall. Darum schreibt er auch über vieles. Und das durchaus auch mal mit kritischem Blick. Aber lässt sichs auch gut gehen, wenn ihm danach ist.