Das Stadttheater Solothurn eröffnet seine Schauspielsaison mit dem Ein-Frau-Stück «Am Boden». Während Atina Tabé als gegroundete Pilotin überzeugt, tut es die Inszenierung nicht restlos, findet Blogger Tim Felchlin.
Der Zuschauer sucht sich auf der Bühne immer einen Sympathieträger. Bei einem Monolog ist dieser vermeintlich schnell gefunden. Wenn die namenlose Pilotin in knapper, derber Sprache beginnt von ihrer Besessenheit als F-16-Kampfpilotin zu schwärmen, fragt man sich, was man halten soll von diesem Haudegen einer Frau, die den Krieg scheinbar mehr als Spielfeld ihrer Leidenschaft betrachtet. Die Sympathien bleiben fürs Erste aus – ein guter Anfang. Angesichts der Tatsache, dass Monologe für Frauen leider nach wie vor dünn gesät sind, ist es bemerkenswert, dass der Dramatiker George Brant die einzige Protagonistin des Stücks in der Fliegerei und damit in einer Männerdomäne ansiedelt. Vorschusslorbeeren gibt’s trotzdem keine.
Was die Pilotin im Fliegeroverall uns dann berichtet, ist schnell erzählt: Mann getroffen – schwanger geworden – Heirat – gegroundet. In einen F-16-Flieger wird sie nicht mehr steigen. Stattdessen steuert sie von nun an via Joystick eine Drohne über Afghanistan und tötet per Knopfdruck vom anderen Ende der Welt aus, um am Abend in die familiäre Idylle zurückzukehren.
Die Monotonie, die in ihr Leben Einzug hält, erfährt zwischenzeitlich auch der Text – und das Kunststück durch Profansprache den Zuschauer in den Bann zu ziehen, gelingt nicht durchwegs. Trotz spannender Ausgangslage gleicht die Erzählung lange zu sehr der altbekannten Story des Abenteurers, der für das private Glück den Nervenkitzel aufgibt und bald darauf droht unterzugehen.
Die Monotonie, die in ihr Leben Einzug hält, erfährt zwischenzeitlich auch der Text – und das Kunststück durch Profansprache den Zuschauer in den Bann zu ziehen, gelingt nicht durchwegs. Trotz spannender Ausgangslage gleicht die Erzählung lange zu sehr der altbekannten Story des Abenteurers, der für das private Glück den Nervenkitzel aufgibt und bald darauf droht unterzugehen.
Durch ihr hervorragendes Spiel kann Anita Tabé aber trotz allem den Spannungsbogen halten bis der Plot selbst wieder Fahrt aufnimmt. Leider wird ihre Präsenz zusätzlich durch überflüssige Videoeinspielungen gestört. Nicht zum ersten Mal nutzt das Stadttheater dieses Medium und nicht zum ersten Mal gelingt dieser Kunstgriff nicht gänzlich. Bei «Grounded», so das englische Original, scheint man sich an früheren Inszenierungen mit Videounterstützung orientiert zu haben. Manche Einspielungen, wie Drohnenaufnahmen oder singende Ponys, die die Diskrepanz zwischen Familienglück und moderner Kriegsführung ins Groteske treiben, sind durchaus geglückt. Alles andere ist unnötig, bisweilen sogar dilettantisch.
Der Höhepunkt der sich langsam anbahnt, wird glücklicherweise durch keine Einspielungen gestört. Hier kann Atina Tabé allein durch ihr schauspielerisches Können auftrumpfen und die ganze Aussagekraft des Stücks, die langsam aufkeimt, wird dem Publikum vor die Füsse geworfen. Es geht nicht einzig, um die Kritik am virtuellen Krieg. Man wird konfrontiert mit der Absurdität von Parallelwelten und dem Unvermögen, diese zu trennen, mit dem beklemmenden Gefühl der Überwachung und dem menschlichen Laster Gott spielen zu wollen.
Ein Monolog fällt und steht mit dem Schauspielenden – «Am Boden» steht dank Atina Tabé.
«Am Boden» wird im Stadttheater Solothurn gespielt am: 17.09.16, 19 Uhr, 30.09.16, 19:30 Uhr, 20.10.16, 19:30 Uhr und 25.10.16, ebenfalls 19:30 Uhr. Mehr auf der Website des Theater Orchesters Biel Solothurn