Ein Männerausflug nach Karlsruhe wird für zmitz-Blogger Tim Felchlin zum Zeremoniell des Filmeschauens. Quentin Tarantino sei Dank.

 Als einer der Letzten habe ich Tarantinos achten Streifen nun endlich auch gesehen. In der Schweiz startete «The Hatefull Eight» bereits Ende Januar in den Kinos. Jedoch nirgends – wie vom Kultregisseuren beabsichtigt – im originalen 70mm-Film-Format, sondern ausschliesslich als digitalisierte Version. In Deutschland sind es gerade mal vier Kinos, welche die Möglichkeit haben und sich die Mühe machten, die 70mm-Film-Rollen in den Vorführkabinen zu installieren.

Die Vorteile des als veraltend geltenden Ultra-Panavision-70 Formats: Mehr Detailreichtum, bessere Bildqualität und, im Falle von «The Hatefull Eight», zwanzig Minuten mehr Film. Aber mal Hand aufs Herz: Wer ausser vielleicht den verrücktesten Cinéphilen stört sich denn tatsächlich an der digitalen Auflösung? Die paar Minuten, welche die Originalversion länger dauert, fallen im Direktvergleich übrigens auch kaum auf.

Dennoch: Unser vierköpfiges Männerteam nahm die dreistündige Fahrt nach Karlsruhe auf sich, um in der «Schauburg», diesem Schmuckstück von einem Lichtspielhaus, Quentins Blutorgie anzusehen und der Filmkunst zu frönen. Das Fachsimpeln über die Filmkunst begann schon bei der Anreise und ebbte erst ab, als wir gebannt auf den prächtigen Samtvorhang schauten, wie er sich zur Seite schob und die Leinwand entblösste, auf deren ganzer Breite sich das Spektakel abspielen würde. Wir standen sogar ehrfurchtsvoll vor den Apparaturen im Vorführraum und staunten über die unzähligen Meter an Filmband, während ich so tat, als verstünde ich etwas von der Technik. Kurz: Wir zelebrierten das Kino.

In einer Welt, in der die meisten Filme auf kleinen portablen Bildschirmen konsumiert werden, erlebte die Kinematographie in diesem Moment eine Huldigung, die ihr mittlerweile kaum mehr zukommt. Was im Konzertsaal, im Museum und auf so mancher Bühne als kultiviert gilt, hat im Kino Nerdcharakter: Der bewusste und andächtige Genuss einer wahren Kunst. Wir trugen vielleicht keinen Smoking und anstelle von Sekt tranken wir Flaschenbier, doch dank Tarantinos 70-mm-Film-Formats wurde dieser Männerausflug zu einer wahren Ehrerweisung der siebten Kunst – und zwar ohne sich gleich wie eine der Hauptfiguren des Filmes verkleiden zu müssen.

Der Film selbst war übrigens auch nicht schlecht.