Was ist für dich gute Kultur, wo geniesst du sie, wie sieht dein alltäglicher, allwöchentlicher Kulturkonsum aus, was hörst, liest, schaust du? Was hast du für Erinnerungen oder Pläne? Mit dem diesjährigen Kultürchen wollen wir «gluschtig mache» auf Kultur. Heute mit Mirco Koch.

Ich hatte eigentlich schon immer etwas mit Musik zu tun. Ich war unterwegs als Zmitz-Blogger – oder damals fürs Solothurner Tagblatt. Als Konzertbesucher oder mit einer Band trifft man mich immer wieder vor oder auf Konzertbühnen. Aber dieses Jahr war für mich besonders erlebnisreich: Neben Konzerten und Tüfteleien mit «cosmonoz», ging ich mit dem «Team Negroni» im Frühling ins Studio und gegen Ende des Jahres auf eine kleine Konzertreise.

Ja, ich bin von Herzen Musikant bei der regional verankerten Band «cosmonoz». Eher zufällig kam ich zu meinem anderen Projekt: «Team Negroni». Heute spielen in dieser Formation vier Musiker aus St.Gallen, Zürich und Solothurn. 2020 in meinem Keller – wir durften ja eine Zeit lang nicht raus – nahm ich unter dem Namen «krummundnett» Musik auf, und ich schickte die Aufnahmen an alte Bandkumpels. Die ausgewählten Songs hatten immer etwas mit meiner musikalischen Herkunft zu tun.

Mein Umfeld reagierte auf die Aufnahmen. Ich bekam Tracks und ich konnte damit die Songs, einem Puzzle gleich, fertigmachen. Plötzlich war ich mitten in einem neuen Umfeld. Kontakte frischten sich auf, die über die Jahre eingeschlafen waren. Lokalität war plötzlich nicht mehr wichtig. Ein gemeinsamer Bandraum nicht mehr nötig. Inspiriert und motiviert versuche ich das Netz zu vergrössern.

Ich bekam beispielsweise via den Berner Musiksammler Sam Mumenthaler ein Textblatt der welschen Band «The Needles» zugeschickt. Der Drummer Florian Marti von «Overdrive Amp Explosion» aus Fribourg trommelte für mich zum 90-er Jahre Song «Pretend» einer meiner Lieblingsbands «The Mothers Pride» aus Luzern. Der Winterthurer Musiker Andreas Moesli von «Catbird» erzählte mir kürzlich an einem Unplugged Festival in Rorschach, an dem wir beide engagiert waren, dass er ganz schön stolz war, als er einen Song von seiner alten Grunge Band «EAR» in meinem Repertoire entdeckte.

Tilman Rossmy, Sänger der Deutschen Band «Die Regierung», habe ich geschrieben, weil wir seinen Song «Woher kommst du?» spielen. Ich bekam Antwort. Er mag unsere Version, vor allem das Gitarren-Solo. «Woher kommst du?» sei inspiriert gewesen vom wunderschönen Lied «Zwei Fragen» der Kölner Band «Klee». Er wohne seit 17 Jahren in der Schweiz. «Die Regierung» sei also auch irgendwie eine Schweizer Band. Und er wäre vielleicht sogar ins Kofmehl an unser Konzert gereist, wäre er nicht verhindert gewesen.

Carol von Rautenkranz, Gründer des Hamburger Labels «L’Age D’Or», erzählte in einem Interview, an dem auch Tilman teilnahm, dass in den 80-er Jahren in Hamburg offenbar verschiedene Independent-Bands vor wenig Publikum spielten. Das Label «L’Age D’Or» gründete sich 1986 und machte mit einigen dieser Bands gemeinsame Konzerte. Man vernetzte sich und plötzlich kamen nun mehr Leute. Diese Erfolgsgeschichte bekam den Namen «Hamburger Schule». Das erwähnte Interview trägt den Titel: «Der Major hat Voraussetzungen, die der Indie nicht hat».

Der Zürcher Musiker Roli Strobel, wir spielen das Stück «Home From Work» seiner Band «Fingerpoke», wird nach Winterthur ans nächste Konzert vom «Team Negroni» kommen. Ob ich es im Gegenzug schaffe, an sein Zürcher Konzert seiner aktuellen Band «L’Air Maureen» zu gehen, weiss ich noch nicht. Ich solle mir deswegen keinen Stress machen. Er würde für mich und meine Freunde auch ein Privatkonzert geben. Das motiviert mich natürlich, ihm das gleiche Angebot zu machen. Vielleicht entwickelt sich daraus die Idee eines Labels.

Solche Geschichten sind Kultur für mich. Was ich erlebe, ist Kultur. Das ist meine Verbindung.

Infos zu meinen Projekten findet man hier:
www.krummundnett.ch
www.teamnegroni.ch
www.cosmonoz.ch
www.mx3.ch/krummundnett
www.mx3.ch/teamnegroni

Mirco Koch ist ehemaliger zmitz-Blogger und Musiker mit Leib und Seele. Seinen Bezug zur Kultur beschreibt er so: «In diesem Jahr verbindet mich mit Kultur vor allem Eins: „Vernetzung”. Was ich erlebe, ist Kultur. Solche Geschichten sind Kultur für mich. Das ist meine Verbindung.»