Und schon ist sie wieder vorbei: Die 9. Solothurner Kulturnacht. Drei Blogger:innen waren unterwegs um der Frage auf den Grund zu gehen, wie nahe Wunsch und Wirklichkeit in Sachen Programmplanung und -abwicklung beieinander liegen. Ruedi erzählt in Teil 1, wie sein Konzept aufgegangen ist.

Mein Programm: Bocc’apperta / Stampfli – a casa / Meistertrio Paleda / Riana / Almost Sisters / Filmsounds von Hans Zimmer /

Mit dem Zustandekommen der Kulturnacht war mein Wunsch bereits vor dem Start Wirklichkeit: Eine Crew, die einen solchen Anlass auf die Beine stellt und die Gassen der Stadt im Stundentakt mit Scharen friedlicher Kulturbegeisterter füllt: Chapeau und Lorbeer mit Schleife für Peter, Eva, Christoph, Jean-Claude, Peter und Pipo!

Start in der Reformierten Kirche: Volle Kirchenbänke! Die Frauen von Bocc’aperta in rot-schwarz eröffneten das Programm mit «Kei Gäld». Und das in der Schweiz! Der Chor huldigte dem schweizerischen Reichtum an Sprachen und setzte dem Programm mit einem Mundart-Gospel das Sahnehäubchen auf.
Zufallsbegegnungen an der Kulturnacht sind ebenso Reichtum wie das opulente Programm. Wie erhofft, so eingetroffen. Beim «Werkstattwechsel» unterwegs trifft man seinen Freundeskreis: Hors d’oeuvre, Supplément und Dessert in einem! Sich beim déplacement zwei Räder zu unterlegen, lohnt sich.

Stampfli – a casa will ich mir als nächstes anhören, weil ich die Crew kenne und mag, sie schon eine Weile nicht mehr live gesehen habe. Für mich: Höhepunkt des Abends! Franziska Baschungs warme Bassklarinettentöne, Stampflis Songs über Weggehende, Heimkehrende und die allgegenwärtig Liebenden: grossartig! Zwei Dinge heben die Beiträge von anderen ab: Kristallklare Technik und die Leute auf der Bühne interpretieren nicht – sie sind beseelt von ihrer Musik: rund, harmonisch, mit Ausstrahlung. Hammer!

Im Verlauf des Abends stelle ich fest: Das Alte Spital ist Dreh- und Angelpunkt der Kulturnacht: gleich fünf Veranstalter boten dort Programme an. Das mag einzelne zum Dauerverbleib im Haus animiert haben, war aber wohl nicht Absicht.
Franz Grimms FragArt fand Obdach im Alten Spital: Das Meistertrio Paleda, Weltstars, die als Amuse-Bouche vor ihrem heutigen Konzert in Solothurn virtuos klassische Perlen darreichen. So etwas in das Programm einer kleinstädtischen Kulturnacht einzuschleusen: (Meister-) Klasse!

Riana hat mich schon mal am Radio überzeugt: Junge Appenzellerin mit eigenen Songs an Piano und Gitarre, nominiert für den Swiss Music Award. Musikalisch – wie alles bereits Gehörte – präzis und professionell. Nun mag sein, dass meine Ü-70-Ohren ihre besten Zeiten bereits hinter sich haben: Ich hätte gern nebis mehr vom Text verstanden. Meiner Platznachbarin geht es ebenso. Die ist mindestens fünf Jahre jünger als ich…

Wunsch und Wirklichkeit kollidieren gelegentlich: Poetry Slam in Lüthys Buchladen: Ausverkauft! Nichts zu machen. Wie an den Filmtagen: Die Wochenkarte garantiert nicht den Einlass in den Wunschfilm. Nichts wie weiter ins Hermesbühl:

Die Almost Sisters. Eigentlich vier. Heute zu dritt. Improvisierfreudig mutieren sie zum «kleinsten Quartett der Welt». Margit Maria Bauer, Nicole und Marian Rivar: Ihre Namen sind mir längst ein Begriff, doch obwohl «Einheimische» kenn ich sie nicht persönlich. Die Drei tummeln sich virtuos in einem Genre, das ich mag und das mir vertraut ist: Kreisler, Piaf, Grönemeyer, auch «Der kleine grüne Kaktus» von den Comedian Harmonists. Grossartige Bühnenpräsenz. Bauer wechselt Timbre und Garderobe fliegend von nobel-elegant zu vulgär.

Zum zweiten Mal in der Reformierten Stadtkirche: Die Bänke voll wie schon gehabt. Vor dem Publikum – unter Kanzel und Orgelpfeifen – ein Grossbildschirm. Ein Experiment: Nadia Bacchetta (Orgel) und Rebecca Hagmann (Cello) interpretieren Filmmusik von Hans Zimmer. Für einmal ist die Organistin in der Kirche sichtbar: Bildschirm sei Dank. Ein aufschlussreicher Einblick: Zum Orgelspiel gehört Beinarbeit. Das voluminöse Instrument hat 100 Jahre auf dem Buckel. Doch es hat bereits etwas wie ein Gaspedal. Der zeitweise mächtige Klang der Orgel und Rebecca Hagmanns Celloläufe sind gefühlvoll miteinander austariert und ermöglichen hier einen ungewohnten Ein-Blick, wo man sich gewöhnlich mit geschlossenen Augen aufs Hören konzentriert.
22:30 Uhr. Ich mache Schluss. Nach dem tosendsten Applaus des ganzen Abends – gespickt mit Begeisterungsrufen – suche ich im Velomeer mein Zweirad und danke den Solothurnischen Velodieben, dass sie ich für einmal in Zurückhaltung geübt haben.
Schliesslich war es eine Kulturnacht.

Ruedi, der heimliche Spiritus rector von zmitz. Denn es gibt nichts, was der längstjährige Kulturtäter und Musiker nicht kennt. Haben die Jungspunde im Team eine Idee, Ruedi weiss, wer mehr Infos hätte oder wen man einbeziehen sollte. Und im Zweifelsfall sind die damals auch bei ihm zur Schule gegangen. Der bekennende Kleinkunstliebhaber ist ganz gross, wenn es um das hiesige Kulturschaffen geht.