Jungen Bands und Künstler:innen eine Plattform geben, das haben wir immer wieder versucht. So auch der Sängerin ZOEY aus Oekingen. 2022 durfte sie bei unserer Vereins-GV auftreten. Vor wenigen Tagen ist nun ihre erste CD – ein Mini-Album mit sechs Songs und dem Titel «Diary», erschienen. Unser Newcomer-Aficionado Sven hat sich die Songs angehört.
Ich weiss gar nicht mehr, wie genau ich auf ZOEY aufmerksam geworden bin. War es als sie beim Chorkonzert der Solothurner FMS ein Solo sang? Oder war es der Auftritt beim Nachwuchsbandfestival «BandXNordwest»? Egal – die junge Sängerin hat sich seither schon mehrfach einen Namen gemacht, z.B. als sie bei der Energy Star Night auftreten durfte. Oder als sie bei BLAY (das gemeinsame Projekt von Bligg und Marc Sway) als Supportact das Publikum in im Kofmehl anheizen durfte. Wer sich für Musik in Solothurn interessiert, dem dürfte der Name der 18-jährigen Wasserämterin zumindest bekannt vorkommen. Und nun präsentiert sie zum ersten Mal ihre eigenen Songs, gesammelt als EP.
Zugegeben: Einige der Songs auf dem Debüt sind bereits bekannt. Sie wurden seit letztem Sommer in regelmässigen Abständen veröffentlicht. Das soll allerdings nicht stören – denn auch bei bereits bekannten Künstler:innen wird das so gemacht. Neben den vier bereits veröffentlichten Songs gibt es zwei brandneue Songs, welche erst mit der Veröffentlichung der EP das Licht der Welt erblicken. Aber fangen wir mal von vorne an:
Die ersten Takte des Titelsongs «Diary» kommen sanft daher. Schnell merkt man aber – da kommt noch mehr. Bald dreht die Sängerin auf. Zeigt ihre tolle Stimme und die poppigen Melodien mit einer Folknote kommen leicht und schwungvoll daher. Ein schöner und toller Opener für ein Debüt!
Es folgt der Song «Create» der sehr autobiografisch wirkt. ZOEY besingt ihr Leben und ihr früheres Ich. Bedankt sich für den Mut den sie als junges Mädchen hatte. ZOEY brach ihre Schulkarriere ab, um den Traum der Vollzeitmusikerin zu verfolgen. Sie besingt aber auch die schlechten Seiten, die ihre Passion mit sich brachte, von Leuten die an ihrem Plan gezweifelt haben. Auch in diesem Song istein schöner Aufbau hörbar.
Während zu Beginn nur ZOEY und ihre Gitarre zu hören sind, schaukelt sich das Ganze immer höher – mit elektrischen Gitarren, mehrstimmigem Chorgesangund einem Schlagzeug, das mit scharfen Schlägen den Takt angibt.
Der dritte Song ist eine Momentaufnahme – leider muss man sagen. «What A Terryfing Time To Be Alive» oder übersetzt ins Deutsche: «Was für eine beängstigende Zeit, in der wir leben». Diesmal bleibt der Song ruhig und bedacht. Die junge Sängerin macht sich Gedanken darüber, was auf der Welt abgeht. Egal ob Kriege oder der Klimawandel, der den Menschen zu schaffen macht – und trotzdem macht die Menschheit einfach weiter. Es wirkt wie ein Hilfeschrei, weil scheinbar nichts passiert. Damit sich etwas ändert – muss Mensch selbst aktiv werden. Das impliziert ZOEY mit dem Abschlussatz des Songs «I just can’t carry on».
Es folgt ein wilder Wechsel zum fröhlichsten Song der ganzen EP. Ob sich ZOEY bei der Anordnung Gedanken gemacht hat und das einen Hintergrund hat, kann ich nicht sagen. Allerdings ist «Tonight» zu Recht auf meiner privaten «Favourites»-Playlist gelandet. Es handelt sich um einen typischen Folksong mit Gitarren und einem leichten gefühlten Hüpfen in der Melodie. Vor dem Schlussdrittel gibt’s ein Intermezzo, bei dem die Instrumente kurz aussetzen nur um dann für den letzten Refrain wieder einzusteigen. Dazu ein verliebter Text und der träumerische Gesang. Das Rezept ist einfach – aber es funktioniert.
Bei «Underground» wird klar: ZOEY setzt gerne auf bewährte Rezepte. So ist auch dieser Song zum Start eher ruhig und wird mit den fortschreitenden Sekunden kräftiger und massiger. Daran gibt es an sich nichts auszusetzen – aber für mich persönlich ist es dann doch ein Song zuviel in diesem Stil. Verglichen mit den weiteren Songs passt mir dieser hier persönlich am wenigsten. Das soll allerdings nicht heissen, dass er schlecht ist.
Den Abschluss der EP macht «Mother Earth». Beim ersten Hören schweife ich ab – achte nicht mehr auf den Text, sondern lasse mich von der Melodie und der Instrumentierung treiben. Dann realisiere isch, dass der Song eine tiefere Bedeutung hat. Ich kann nicht genau benennen, welchen Schicksalsschlag die junge Sängerin besingt. Aber der Song scheint eine Art Verarbeitung davon zu sein. Ohne die Details zu kennen – macht es den Song umso schöner.
Mir gefällt ZOEYs Debüt-EP «Diary» gut. Es wirkt, als hätte die Sängerin ihre Tagebucheinträge in Songs verpackt und lässt uns nun alle an ihren Gedanken teilhaben. Die Songs wandeln von ernst zu verträumt und bespielen sowohl das Pop- wie auch das Folkgenre. Es gibt allerdings kaum Überraschungen auf dem Debüt. ZOEY setzt auf altbewährte Rezepte und macht die Songs mit ihrer kräftigen Stimme zu einem Highlight im Solothurner Musikkuchen.
Auch bei Live-Konzerten kann ZOEY übrigens überzeugen – mittlerweile hat sie sich für einen Teil der Auftritte eine Band zusammengestellt. Dass ihre Songs nicht nur als Solokünstlerin, sondern auch mit der Band funktionieren, das beweist die 18-jährige unter anderem beim Solothurner Stadtfest Ende Juni.
Infos zu ZOEY findet man hier.
Der Vielseitigste unter uns Bloggern – und der direkteste. Er sagt, was er sieht und versucht es gar nicht erst in Watte zu packen. Trotzdem ist er kein Pitbull, sondern eher ein Schosshündchen, das bei den Tönen der Ochsner – Sven, wie viele Konzerte hast du von denen schon auf deiner «Erlebt-Liste»? – weich wird. Er steht selber gerne Theater spielend auf der Bühne, organsiert Anlässe im Kreuz, das Kofmehl ist bitzli sein zu Hause – und wenn wir Infos zu Solothurner Newcomern brauchen: Sven hat sie.