Peter Niklaus ist der Gründer der Oltner Kabaretttage. Nun hat er ein Buch geschrieben. Ein ziemlich ernstes, das aber doch eine gewisse Leichtigkeit in sich trägt. Blogger Gianni Leardini hat es gelesen.
Nach ein paar Seiten suchte ich das Impressum. Doch, da steht schwarz auf weiss: 1. Auflage, August 2023. Schon vor den ersten Sätzen hatte ich nämlich das Gefühl, ein Werk aus längst vergangenen Zeiten zu lesen. Inhaltlich stimmt das ja: Peter Niklaus beschreibt in seinem Roman «Nur für ein Jahr» die Geschichte von Clara aus Etziken, die 1913 die Möglichkeit bekommt, nach Amerika zu fahren, um dort ein Jahr lang zu arbeiten und Englisch zu lernen. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs wirft ihre Pläne über den Haufen: Clara kann nicht zurück, und nach Kriegsende beschliesst sie, dem Herzen bzw. ihrem neuen Freund zu folgen und in den Staaten zu bleiben. Mehr verrate ich nicht zum Inhalt – nichts nervt mich mehr, als wenn mir jemand ein ganzes Buch erzählt, bevor ich es gelesen habe.
Das erwähnte Gefühl von altem «Schunken» kommt wohl vor allem von der Sprache. Das ist nicht negativ gemeint: Sie erinnert mich an Bücher, die ich vor langer Zeit gelesen habe und passt in diesem Fall perfekt. Viele heutige Romane sind so geschrieben, als wollten die Autor:innen sie direkt als Drehbücher an Hollywood oder Netflix verkaufen – Speed und Action über alles. Beim Lesen des Werks von Peter Niklaus ist bei mir eine inwendige Ruhe eingekehrt, eine wohltuende Entschleunigung. Die Bilder, die das innere Auge produzierten, waren schwarz-weiss; also wenn schon ein Drehbuch, dann für einen richtig alten Schweizer Film, zum Beispiel von Kurt Früh. Auch die Handlung hat etwas von heiler Welt, der blutige Weltkrieg scheint weit weg, was er ja aus Sicht der Hauptdarstellerin tatsächlich war. Keine Kommunikations-Tsunamis, wie wir sie heute kennen: Damals wurden Briefe per Schiffspost verschickt und waren wochenlang unterwegs.
«Nur für ein Jahr» ist alles andere als langweilig. Der in Olten lebende Peter Niklaus erzählt die Geschichte von Clara – übrigens die Tante seiner Frau Margrit – auf authentische und durchaus fesselnde Art. Die Mischung aus Realität und Fiktion ist lesenswert und spannend; und wer aus Solothurn und Umgebung kommt, wird Freude haben an den Szenen, wie jene auf dem Markt in der Altstadt vor Claras Abreise nach Amerika. Persönlich ging es mir am Schluss allerdings fast etwas zu schnell: Ich hätte gern mehr erfahren von Claras Eindrücken bei ihrem mehrmonatigen Besuch in Etziken nach dem Zweiten Weltkrieg, von der Rückkehr in die Heimat und dem Wiedersehen mit ihrer Familie nach so vielen Jahren. Richtig rührend ist der Epilog, in dem Peter Niklaus berichtet, wie er und seine Frau im Sommer 1991 die damals 94-jährige Clara kurz vor ihrem Tod in ihrem Haus in einem Vorort von New Orleans besuchten. Ein schöner Schluss eines schönen Buches.
Infos zum Buch – welches im Knapp Verlag erschienen ist – findet man hier.
Gianni ist Blogger der ersten Stunde. Er hat schon überall geschrieben und kommuniziert. Bei der Zeitung, für den ÖV, für Spitäler, fürs Vini, jetzt für die öffentliche Verwaltung im östlichen Nachbarkanton. Wieso also nicht für zmitz – wieder. Gianni trifft man immer und überall. Darum schreibt er auch über vieles. Und das durchaus auch mal mit kritischem Blick. Aber lässt sichs auch gut gehen, wenn ihm danach ist.