Es muss nicht immer ein Museum oder eine Galerie sein – Kultur findet überall statt. In der Serie «Kultur ir Beiz» stellt zmitz-Blogger Gianni Leardini Restaurants, Bars usw. vor, in denen Kunst zu sehen ist. Heute im «Vini al Grappolo» Solothurn.

Das «Vini» ist DER Kultur-Treffpunkt von Solothurn. Zur Apérozeit wird’s immer wieder eng am Stammtisch in der Gaststube oder wenn’s wärmer wird im lauschigen Höfli: Neben den Gewerblern und Bewohner:innen der Solothurner Vorstadt treffen sich hier auch etliche Schriftsteller, Schauspieler oder bildende Künstler beiden Geschlechts, diskutieren über Gott und die Welt, also über Solothurn, und trinken ihr Feierabendbier, einen Weissen oder Roten; der Vini-Hauswein wird nach einem der fleissigsten und wohl prominentesten Besucher «Bichsu-Wy» genannt oder auch edler «Chateau Bichsu».

Kein Stammtischler, aber doch indirekt jeden Abend mit dabei ist Hansjörg Sahli. Zwei Schwarzweiss-Fotos aus seiner Rom-Serie hängen im «Vini» – eines in der Gaststube und eines im Säli. Bis zur letzten Renovation des Restaurants und Weinladens vor ein paar Jahren waren’s noch mehr: Im Herrenpissoir zum Beispiel konnte man das Bild eines älteren Mannes, seiner Frau mit Gipsbein und ihres kleinen Hundes auf einer Vespa betrachten.

Die Rom-Fotos sind zwischen 1989 und 1997 entstanden, zusammengefasst in einem kleinen Bildband mit Text von Massimo Romano, ein Ansichtsexemplar liegt im Vini auf. Mein Lieblingswerk aus der Serie hängt, wie Sahli vermutet, wahrscheinlich seit 1999 über dem «langen Tisch» in der Gaststube. Das Bild zeigt ein Fussball spielendes Mädchen in einer hübschen Schuluniform, das auf einem belebten Platz in Rom elegant einen Jungen umdribbelt, verfolgt vom erstaunten Blick eines Mannes in Anzug und Krawatte. «Ich glaube mich erinnern zu können, dass Jürg Tanner, ebenfalls Künstler und einer der ‹Vini›-Gründer, die Aufnahme von Ostia mit den Strandhäusern und der Männerszene auswählen wollte. Ich habe auf die Fussballszene gedrängt – weil nur Männer, das geht nicht», erklärt der Solothurner Fotograf. Grazie mille, Hansjörg! Das «Vini» ohne das Fussball-Bild kann ich mir schlicht nicht vorstellen.

Das geht auch Fabian Vogel so, Mitglied der «Vini»-Geschäftsleitung und Teil des Koch-Teams. Er liebt es, jede Einzelheit auf dem Foto zu betrachten und sich dazu Geschichten auszudenken. In seiner Fantasie treten die Figuren manchmal aus dem Bild heraus, erwachen zum Leben und vermischen sich mit der realen Welt. Auf die Frage nach der Bedeutung des Fotos antwortet er augenzwinkernd-tiefschürfend: «Das Bild ist ein experimenteller Beweis für die Existenz von Wurmlöchern: Ich stehe an der Bar, trinke einen Espresso, schaue auf das Bild und bin sofort im 1998, auf der Piazza del Popolo in Rom. Würde man das Bild entfernen, wären die Folgen – auch für Rom – nicht absehbar fatal.»

In der Serie «Kultur ir Beiz» stellen wir Restaurants, Bars usw. vor, in denen Kunstschaffende ausstellen oder auftreten können. Kennst du auch so eine Beiz in unserem Einzugsgebiet? Teile es mit der zmitz-Community! Den einen oder anderen Tipp nehmen wir dann für unsere Serie auf…

Infos zum «Vini» findet man hier – und zum Fotografen hier.

Gianni ist Blogger der ersten Stunde. Er hat schon überall geschrieben und kommuniziert. Bei der Zeitung, für den ÖV, für Spitäler, fürs Vini, jetzt für die öffentliche Verwaltung im östlichen Nachbarkanton. Wieso also nicht für zmitz – wieder. Gianni trifft man immer und überall. Darum schreibt er auch über vieles. Und das durchaus auch mal mit kritischem Blick. Aber lässt sichs auch gut gehen, wenn ihm danach ist.