Schloss Waldegg kennt man als Sitz der Familie Besenval und wegen deren Verbindung zum Ancien Régime. Weniger bekannt ist das Haus für die Zeit danach. Nun wurde die Ausstellung mit einem Blick auf die Familie von Sury erweitert.

Das Schloss Waldegg in Feldbrunnen kannte ich bisher eigentlich nur vom Vorbeijoggen, es ist ja auch wunderbar gelegen und schön in die Landschaft eingebettet. Im Museum war ich vor vielen Jahren an einem Schulausflug – die Begeisterung hielt sich damals in Grenzen –, später allenfalls mal für einen Apéro. Höchste Zeit, dem Schloss eine zweite Chance zu geben, also nichts wie rein in die Vernissage für den neuen Ausstellungsaum. Dieser ist der Ära von Sury gewidmet, als die Waldegg noch privater Wohnsitz der Patrizierfamilie war. «Für mich ist das ein Herzensprojekt», sagte Fabian Scherrer an der Vernissage. Der Waldegg-Experte hat den Raum gestaltet, sein Enthusiasmus ist ansteckend und weckt die Neugier der Zuhörer*innen.

Die Familie von Sury übernahm die Waldegg 1865 von der Erbauerfamilie Besenval und bewohnt sie über vier Generationen bis zum heutigen Tag. Vor 60 Jahren übertrugen die Geschwister Marguerite, Charles und Viktor von Sury das Schloss Waldegg dem Kanton Solothurn. Nach ihrem Tod unterzog der Kanton die Waldegg einer Totalsanierung (1985-1991). Diese brachte Schloss und Garten weitgehend in den Erbauungszustand des frühen 18. Jahrhunderts zurück. «Damit löschte der Kanton die Gebäudegeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts faktisch aus», sagt Scherrer. Eine Tapete des Schlosses aus dem 19. Jahrhundert habe ihn dazu inspiriert, die Wände in ein warmes, edles und tiefes Blau zu tauchen. Zudem erinnere ihn die Farbe an das Wappen der Familie von Sury: Dieses zeigt eine weisse Rose auf blauem Grund.

 

Ein Fernseher aus den 60er-Jahren bildet den Mittelpunkt der neuen Wohninstallation im ehemaligen Dienstbotenzimmer im Mittelturm. Er zeigt eine Tonbildschau mit bisher weitgehend unbekannten Bildern der früheren Waldegg. Drei Zeitzeuginnen erinnern sich an das private Schloss. Der knapp 20-minütige Film bietet einen spannenden Einblick in den Alltag der von Surys.
Waldegg-Konservator Andreas Affolter brauchte keine grossen Überredungskünste, um Fabian Scherrer für die Gestaltung des Raumes zu gewinnen. Zwischen 1990 und 2010 interviewte Scherrer Verwandte, Freunde und ehemalige Angestellte der damaligen Schlossbewohner. 2010 veröffentlichte er sein Buch «Leuchtende Tage – vergessener Alltag auf Schloss Waldegg», die 2022 in der 2. Auflage erschien.

Mein persönliches Fazit: Unbedingt reinschauen – in das Museum, in den neuen Raum und in das Buch (hier zu bestellen).
(Mitarbeit: Livia Willi Yéré)

Gianni ist Blogger der ersten Stunde. Er hat schon überall geschrieben und kommuniziert. Bei der Zeitung, für den ÖV, für Spitäler, fürs Vini, jetzt für die öffentliche Verwaltung im östlichen Nachbarkanton. Wieso also nicht für zmitz – wieder. Gianni trifft man immer und überall. Darum schreibt er auch über vieles. Und das durchaus auch mal mit kritischem Blick. Aber lässt sichs auch gut gehen, wenn ihm danach ist.