Franz Hohler feiert heute seinen 80. Geburtstag. Am 1. März 1943 kam er in Biel zur Welt. Aufgewachsen ist er in Olten. Noch immer hat der Autor und Kabarettist einen engen Bezug zum Kanton Solothurn. Unsere Blogger:in Lucilia Mendes von Däniken und Ruedi Stuber haben zusammen über Hohler geplaudert.

Lucilia Mendes von Däniken (LM): Heute wird Franz Hohler 80 Jahre alt. Was ist deine früheste Erinnerung an ihn?
Ruedi Stuber (RS): Das war Ende der 60er-Jahre. Franz Hohler präsentierte im Rössli-Saal in Balsthal sein Soloprogramm. Vermutlich war es «Die Sparharfe». Ich ging damals noch zur Schule und durfte wohl nur zur Vorstellung gehen, weil unsere Väter sich kannten. Ich war so begeistert, dass ich mich wagte, ein Autogramm zu holen. «Guet Nacht» schrieb er darunter. – Ich hab’s bis heute aufgehoben.

RS: Hattest du persönliche Begegnungen mit Franz Hohler? Oder: Wie hast du ihn auf der Bühne erlebt?
LM: Ich habe ihn ein einziges Mal live gesehen. Es war − wenn ich mich nicht täusche − die allererste Mundartnacht im «Kofmehl». Diese fand damals noch anlässlich der Literaturtage statt. Auf der Bühne waren viele Mundartkünstler – und im Publikum Autorinnen und Autoren. Plötzlich bestiegen Franz Hohler und Linard Bardill die Bühne. Dieser Auftritt war nicht geplant, sondern entstand spontan. Als die Beiden das «Totemügerli» auf Rätoromanisch rezitierten, sass ich ehrfürchtig in der vordersten Reihe. Meinen Kindheitsheld Franz Hohler so nahe zu erleben, das war schon speziell.

LM: Was fasziniert dich an Franz Hohler? Und magst du auch seine Bücher – oder geniesst du ihn lieber live?
RS: Auf der Bühne sah ich ihn letzten Herbst. Ich habe kürzlich die dicke Biografie von Martin Hauzenberger über ihn gelesen: «Franz Hohler. Der realistische Fantast.»
Was mich fasziniert, ist seine Vielseitigkeit: Neben seinen 14 Soloprogrammen hat er etwa 60 Bücher, Theaterstücke, Filme, Radio- und Fernsehsendungen («Franz und René»!) veröffentlicht und dafür rund 30 Auszeichnungen erhalten. Dazu bewundere ich seine Konsequenz: Er vertritt die gleichen Werte seit Jahrzehnten mit beeindruckender Sturheit. Über allen Werken von Hohler schwebt für mich «Der Flug nach Milano», obwohl ich das Theaterstück «nur» am Radio gehört habe.

RS: Du schreibst von Hohler als deinem Kindheits-Helden. Wie meinst du das?
LM: Du hast es vorhin selber schon erwähnt. Ich glaube, meine Generation kennt Franz Hohler vor allem aus dem TV. «Franz und René» musste man einfach schauen. Ich finde die Filmli, die man zum Teil noch im SRF-Archiv findet, total kultig. Wobei ich zugeben muss, dass vor allem René lustig war. Noch heute verwende ich manchmal seinen für ihn typischen Satz: «I bi dr René − und i säge nüt!».

LM: Was mich aber interessiert: Was war denn am «Der Flug nach Milano» so besonders?
RS: Da muss ich weiter ausholen…** Das Stück war technisch äusserst aufwändig, Hohler bezog das Publikum in die Handlung mit ein. An einigen Spielorten liessen sich die Theaterverantwortlichen Erstaunliches einfallen. Mühli-Pesche (zusammen mit Hohler auf dem untenstehenden Bild – Quelle: Biografie von Hauzenberger), der exzentrische Gründer der Mühle Hunziken, verwandelte sein Lokal innen und aussen in einen Jumbojet. Hohler schreibt darüber: «Eine Jumbonase ragte aus der Vorderwand des Gebäudes und ein riesiger Flügel samt Triebwerk und Blinklicht, der über den ganzen Vorplatz ging. Eingestiegen wurde über eine richtige Gangway durch ein Fenster. Den Zubringerdienst organisierten wir mit zwei PTT-Bussen, in welche die Passagiere am Hauptbahnhof Bern einsteigen konnten.» Der «Bund» schrieb am 31. August 1985: «Seit wenigen Tagen ragt ein 15 Meter langer und sieben Meter breiter Flugzeugflügel aus der Front der Mühle Hunziken. Das Seitengemäuer wird von einer 500 Kilogramm schweren Jumboschnauze durchbrochen…».


Im «Flug nach Milano» spielte Hohler alle Personen ums und im Flugzeug selbst: den Flughafensprecher ab Tonband, die Hostess, Kapitän Sturzenegger, Ko-Pilot Leuenberger und auch einige der Fluggäste, wie etwa einen italienischen Gastarbeiter in der Schweiz … – und vor allem die zentrale Figur, einen Flugzeugentführer.» Die Passagiere wurden vor dem Einstieg auf Waffen abgetastet, sie erhielten ein Schöggeli, etc. Zwar scheiterte der ungeschickte Entführer mit seinem Vorhaben, dafür gewann er die Sympathie des Publikums. Hohler verband in der Handlung Witz und Schlagfertigkeit mit seinen Botschaften für mehr Umwelt- und Menschenschutz.

RS: Wie steht es mit deinen Söhnen? – Sagt ihnen der Name Hohler etwas?
LM: Mein jüngerer Sohn hat im diesjährigen Skilager auf der Fackelwanderung das ganze «Totemügerli» gehört. Von mir hören sie es regelmässig in Teilen. In der Primarschule konnte ich es auswendig, aber jetzt rezitiere ich nur noch Teile davon. Vor allem meinen Lieblings-Teil, das «gschanghangizigerlifisionögelet, das es eim richtig agschnäggelet het» sage ich immer mal wieder. Wir mussten damals sogar ein Totemügerli zeichnen. Leider habe ich diese Zeichnung nicht mehr, aber vielleicht lasse ich meine Jungs heute zur Feier des Tages eins zeichnen. Und zur Belohnung erzähle ich ihnen dann noch von der «Made in Hongkong».

LM: Hast du schon mal mit ihm persönlich gesprochen?
RS: Ich veranstaltete in den 70er-Jahren mit Kollegen in Solothurn fünf «Schweizer Chanson-Treffen», an denen jeweils über 30 Liedermacher:innen teilnahmen. Einmal teilten Franz und ich uns dabei die Garderobe im Konzertsaal und kamen ins Gespräch. Viele Jahre später besuchte ich eine Lesung seiner Frau Ursula im Kreuz Solothurn und staunte, dass Franz beim Anstehen auf der Treppe meinen Namen wusste. Später mailten wir hin und her wegen eines Auftrittes in Solothurn, den ein gemeinsamer Freund einfädeln wollte. Am meisten erfahren über Hohlers Leben habe ich in Gesprächen mit meinem Freund Martin Hauzenberger, dem Verfasser der erwähnten Biografie.

LM: Okay, du hast mich «gluschtig» gemacht. Ich glaube, die muss ich wohl auch noch lesen – und noch so einiges mehr von Hohler.

** Quellen: Martin Hauzenberger: Franz Hohler. Der realistische Fantast. 2015 Römerhof-Verlag, Zürich. S.202 ff.
Letzte Insel vor der Autobahn. Peter Burkharts Mühle Hunziken. 2015 Zytglogge Verlag AG, Basel, S. 44 f.

(Das Titelbild entstand vergangenes Jahr im Rahmen einer Lesung von Franz Hohler bei Literatur und Bühne in Olten. ©Remo Fröhlicher)

 

 

Ohne Lucilia wäre zmitz nicht zmitz. Denn im Jahr 2014 gründeten sie und Fabian den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn strahlen zu lassen. Aus langjähriger beruflicher Tätigkeit und purem persönlichem Interesse kennt sie die Kulturbetriebe der ganzen Region und denkt immer eine Nasenspitze weiter. Sie ist aber nicht nur Co-Leiterin der Redaktion, sondern auch Vizepräsidentin des Vereins zmitz.

Ruedi, der heimliche Spiritus rector von zmitz. Denn es gibt nichts, was der längstjährige Kulturtäter und Musiker nicht kennt. Haben die Jungspunde im Team eine Idee, Ruedi weiss, wer mehr Infos hätte oder wen man einbeziehen sollte. Und im Zweifelsfall sind die damals auch bei ihm zur Schule gegangen. Der bekennende Kleinkunstliebhaber ist ganz gross, wenn es um das hiesige Kulturschaffen geht.