In Derendingen wächst derzeit ein Gebäude in die Höhe, welches unsere Bloggerin Lucilia Mendes von Däniken ziemlich aus dem Konzept gebracht hat. Die Vorstellung, dass da ein neues Museum entsteht, das zu einem grossen Publikumsmagnet werden könnte, macht sie ganz schön nervös.
Als ich Violette Vitacca vom Solothurner Museum Enter im Frühling 2022 gegenübersass und sie mir erstmals von ihrem Neubauprojekt in Derendingen erzählte, hätte meine Gemütswandlung wohl eine perfekte Vorlage für einen Comic gegeben. Mir war nicht bewusst, wie gross das Projekt sein würde. So hörte ich zuerst entspannt zu, kriegte dann langsam aber sicher grosse Augen und am Schluss bin ich fast sicher, sass ich ihr mit offenem Mund gegenüber. Kurz gesagt: Ich war platt!!
Seither lese ich aufmerksam jeden Newsletter, jede Medienmitteilung, ich gehe immer mal wieder die Bilder der Baustellen-Webcam anschauen und staune: Was zuerst nur «ein Projekt» war, nimmt Form an. Und zwar wird immer deutlicher, welches Ausmass dieses Projekt hat. Doch dazu noch später ein paar Infos. Nur so viel: Ende Mai verabschiedet sich das Museum Enter schon mal vom Standort Solothurn. Unter anderem mit einem Abschlussevent am 13. Mai.
Ich war schon ein paar Mal im Museum Enter. Die Exponate finde ich von «sagt mir nichts» über «oh spannend!» bis hin zu «wow, krass!». Das Museum im Untergeschoss eines unscheinbaren Gebäudes auf der Südseite des Solothurner Bahnhofs selber passte für mich zur ganzen Technik: Es scheint eher trocken und war für mich etwas zu «unfassbar». Darum machte es mich schon neugierig, als ich hörte, dass da in Derendingen was Neues entstehen soll. Und da sass ich dann also der Museumsleiterin gegenüber und sie zeigte mir Fotos, Pläne, Budgets. Mit jedem weiteren Detail wurde mir bewusst: «Das hier in Solothurn, das ist sozusagen der Vorhof zum Technikerparadies.»
In Derendingen wird gross gedacht. Möglich ist dies, weil der Besitzer und Mäzen des Museums sein ganzes Herzblut, viele Exponate aus seiner Sammlung und einen grossen Haufen Geld investiert – und natürlich auch dank der Unterstützung des Lotteriefonds. Vom Untergrund soll nun die Technik hoch an die Oberfläche. Es wird nicht mehr nach Gerätearten geordnet, sondern bei einem Rundgang wandert man durch die verschiedenen Technikepochen und verfolgt so zum Beispiel die Entwicklung der Telekommunikation oder des Radios. Die Schreibmaschinen verschwinden, die ersten Computer tauchen auf – und sind irgendwann aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken.
Bei vielen Stationen heisst es in Zukunft ganz deutlich «bitte berühren!». Es darf angefasst, getestet und zum Teil gespielt werden. «Nur die ganz aussergewöhnlichen Geräte werden wir weiterhin hinter Glas präsentieren», so Violetta. «Wir wollen die Technik greifbar machen», erklärt sie weiter. Und so soll das Museum dann auch nicht mehr «Enter.ch – das Museum für Computer und Unterhaltungstechnik» heissen, sondern «Technikwelt». Was heisst: dass es nebst Museumsshop auch noch eine Werkstatt geben wird, wo elektronische Gerätschaften wieder in Schwung gebracht werden können.
Inzwischen sind Monate seit dem Gespräch vergangen – und ein erneutes musste stattfinden. Ein Update war nötig, denn: Was Violetta schon anfangs 2022 angedeutet hatte, ist nun Fakt. In der Zwischenzeit sind spannende Kooperationen entstanden. So wird das fribourgische Gutenberg-Museum Teil der Technikwelt werden und so die Buchdrucker-Kunst einem neuen Publikum zugänglich machen. Die «Technikwelt» wird zudem mit der Fachhochschule Nordwestschweiz zusammenarbeiten und ist auch in engem Kontakt mit der Berner Fachhochschule (BFH), der ETH Zürich sowie der EPFL in Lausanne. Was die Gaming-Szene freuen wird: Es wird eine ganze Game-Zone geben, wo vor allem alte Konsolen und – dank dem Sponsor Nintendo – auch die neusten Exemplare vertreten sein werden.
Zudem wird es in «Technikwelt» einen grossen Eventraum, ein Auditorium für Vorträge geben, es gibt Schulungsräume, ein Bistro dafür, dass nicht nur Hirn und Auge gefüttert werden, sondern auch Leib und Seele zu Nahrung kommen. «Und im nächsten Frühling wird dann auch noch die Aussenfläche gestaltet, damit das Erlebnis schon vor dem Gebäude beginnen kann», erzählt Violetta Vitacca. Und ich frage mich einmal mehr, wie man sowas so cool stemmen kann. Denn – damit nun doch noch klar wird, warum ich von dem Neubauprojekt geplättet bin – hier ein paar Eckdaten:
- Baubeginn: Januar 2022
- Eröffnung: Herbst 2023
- Ausstellungsfläche Derendingen: 10’000 m2 (in Solothurn sind es derzeit 2’000 m2)
- Projektbudget: 20,15 Millionen Franken
Ganz ehrlich: Ich freue mich enorm darauf, noch in diesem Jahr ganz in unserer Nähe so ein cooles Museum entdecken zu dürfen. Und ich bin mir fast sicher, dass ich mit meiner Familie da ein Jahresabo lösen werde. Denn eines ist klar: Ein einziger Besuch wird nicht mal annähernd ausreichen, um die ganze «Technikwelt» bestaunen zu können.
Infos zum aktuellen Museum sowie zum Neubau findet man hier.
Ohne Lucilia wäre zmitz nicht zmitz. Denn im Jahr 2014 gründeten sie und Fabian den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn strahlen zu lassen. Aus langjähriger beruflicher Tätigkeit und purem persönlichem Interesse kennt sie die Kulturbetriebe der ganzen Region und denkt immer eine Nasenspitze weiter. Sie ist aber nicht nur Co-Leiterin der Redaktion, sondern auch Vizepräsidentin des Vereins zmitz.