Das diesjährige Kultürchen ist eine Fortsetzungsgeschichte, ein Schreibexperiment sozusagen. Teil 24 geschrieben hat jener, der die Geschichte begonnen hat: Reto Stampfli. Die Illustration dazu ist von Melanie Caroline Wigger.

Auf einmal hörten die beiden, wie eine helle Stimme den Raum erfüllte: «Auf die Erde voller kaltem Wind, kamt ihr alle als ein nacktes Kind. Frierend lagt ihr ohne alle Hab, als ein Weib euch eine Windel gab.» Nadja stutzte, das hatte sie schon einmal gehört oder gelesen, sie wusste aber nicht mehr wo. Dann begann sich das Bündel zu bewegen, bis ein winziges rundes Gesicht zu erkennen war. Dieses Gesicht war wenige Stunde alt, aber es hatte schon alles, was dazu gehört: Ohren, Nase, Mund und Augen. Samuel fasste Nadjas Hand. Die Zeit schien stillzustehen. Die Kerzen flackerten. Nadja schloss ihre Augen und fühlte sich wohlig warm und zufrieden. Alles, was sie in den vergangenen Tagen erlebt hatte, war weit weit weg. Sie hatte ihr Weihnachten selbst gefunden, das richtige, das unverfälschte, das nie zu Ende sein würde, solange es Menschen gibt und die Liebe immer wieder neu geboren wird.

 

Reto Stampfli wohnt und wirkt in Solothurn. Er studierte Philosophie, Germanistik und Theologie und ist Lehrer an der Kantonsschule Solothurn.

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