Das diesjährige Kultürchen ist eine Fortsetzungsgeschichte, ein Schreibexperiment sozusagen. Teil 13 geschrieben hat Franco Supino, die Illustration dazu ist von Melanie Caroline Wigger.

Ach Nadja, ich bin verwirrt, denke hin und her. Sex und Weihnachten passen wie Schnee und Copacabana. Wobei die in Brasilien ja auch den Winter kennen. Und apropos unterschiedliche Vorstellungen: dass unser letzter Sex Monate zurückliegt, würde ich jetzt so nicht gelten lassen, wir hatten doch da … und zwar mehr als einmal…  (Aber gut, wo Sex beginnt und wo er aufhört, ist so klar wie der Gesundheitszustand eines Ahorns). Und auch deine 46 Jahre, liebe Nadja, sprechen nicht gegen Empfängnis. Anna war, als ihr und Joachims sehnlichster Wunsch in Erfüllung ging, in fortgeschrittenem Alter, wie es im Protoevangelium des Jakobus heisst. Unbefleckte Empfängnis heisst ja nicht, dass die beiden keinen Sex hatten, als sie Maria zeugten, sondern sie hatten Sex ohne die Erbsünde weiterzugeben. Was für ein sinnliches Fest die Katholiken am 8. Dezember feiern, findest du nicht? Unbefleckte Empfängnis. SOS. Sex ohne Sünde. Also ohne einen Hauch eines schlechten Gefühls weder vorher, noch während, noch nachher – ein Wunder?

Ich schaue aus dem Fenster, auf den Baumstrunk, wo eben noch der Elfer-Engel sass – und sage ermutigt: »Nadja, wie wäre es mit einem richtigen Weihnachtswunder. Eines in der Art: Zaubere das hässlichste Gebäude der Stadt weg und dann wird aus dem Platz da draussen doch noch was Schönes – mit oder ohne Ahornbaum!»

 

Franco Supino ist Autor in Solothurn. Eben ist sein Roman «Spurlos in Neapel» erschienen (lies hier das Interview mit ihm).

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