In ihrem Buch «Antonius hat einen Kaugummibart» erzählt die gebürtige Aedermannsdorferin Therese Frei von ihrer Kindheit. zmitz-Blogger Ruedi Stuber weiss, wo die Autorin demnächst liest und worum es im Buch überhaupt geht.
Zwei Lesungen aus ihrem Büchlein «Antonius hat einen Kaugummibart» hat Thesi Frei hinter sich, zwei weitere folgen. Auch wer an einer Lesung dabei war, vernimmt nicht, was es mit diesem Bart auf sich hat. Das hat mit Marketing zu tun: Marketing für ihr dünnes Erstlingswerk, das viel hergibt. Konkreteres verrät der Untertitel: «Erinnerungen an eine Kindheit hinter dem Berg». Geografisch gibt’s nichts zu rütteln daran, aber unterschwellig schwingt in «hinter dem Berg» auch eine Anspielung auf Rückständigkeit mit. Hinterm Berg, dort ist Thesi Frei 1947 geboren: in Aedermannsdorf.
In kurzen Kapiteln erfahren wir, wie sie ihre Jugendjahre im Thal nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt hat. Was sich leicht und unterhaltsam liest, ist starker Tobak: Der Alltag in ärmlichen Verhältnissen. Der Vater Taglöhner im Eisenwerk in der Klus, die Geschwister viel älter. Die erdrückende Enge in einer streng konservativen Dorfgemeinschaft und die damit verbundenen Zwänge beschäftigen das Nesthäkchen der Familie. Es spürt, dass es Dinge gibt, die man nicht ansprechen darf. So beobachtet es seine Umwelt interessiert, erkennt, dass die Kirche vorgibt, was gut und was böse ist. Thesi zieht kecke Schlüsse aus seinen Beobachtungen. Und die bringen die Zuhörerschaft zum Schmunzeln.
Bei allen umgebenden Zwängen erfährt sie in ihrer Familie Geborgenheit und liebevolle Zuwendung, die sie prägen. So wird die Erstklässlerin zornig, will nicht wahrhaben, dass der Samichlaus ihr Bruder war. Sie erfährt im Globi-Buch, wie es draussen in der weiten Welt aussieht. Sie lauscht Freddy Quinns Seemannsschnulzen, als der erste Plattenspieler ins Haus kommt, und sie lernt Clown Dimitri persönlich kennen.
Thesi Frei erzählt nüchtern, was sie erlebt hat: mit Augenzwinkern und aus der Perspektive des aufgeweckten Mädchens. Man könnte denken, da würden uns rührselige Armeleutegeschichten vorgesetzt. In dieses Klischee fallen die Geschichten nicht. Die gesellschaftlichen Zwänge konnten dem Mädchen weder Fröhlichkeit noch Zufriedenheit nehmen. Die 75-Minuten-Lesungen vergeht im Flug: Auf kurze Lesephasen folgen moderierte Gespräche, die einzelne Passagen des Buches kurzweilig ausleuchten und erhellen. Therese Frei ist Frohnatur geblieben und hat mit 75 Jahren – nach einem reichen und bewegten Leben als Primarlehrerin und Heilpädagogin – zum eigenen, anekdotischen Schreibstil gefunden und ihr Buch im Eigenverlag veröffentlicht. Sie lebt heute in Grenchen. Vor dem Berg.
Nächste Lesungen: Mittwoch, 19. Oktober, 20.30 Uhr, im Restaurant Srignags-House Derendingen sowie am Sonntag, 13. November, 9.30 Uhr, im Café Zimetstern Aedermannsdorf. Mehr über das Buch hier.
Ruedi, der heimliche Spiritus rector von zmitz. Denn es gibt nichts, was der längstjährige Kulturtäter und Musiker nicht kennt. Haben die Jungspunde im Team eine Idee, Ruedi weiss, wer mehr Infos hätte oder wen man einbeziehen sollte. Und im Zweifelsfall sind die damals auch bei ihm zur Schule gegangen. Der bekennende Kleinkunstliebhaber ist ganz gross, wenn es um das hiesige Kulturschaffen geht.