Vor zwei Wochen kam die Hiobsbotschaft aus Olten: «Kolt», das auch ein bisschen Vorbild von zmitz, stellt den Betrieb ein. Ihm fehlt zwar eindeutig die kritische Distanz, dennoch hat zmitz-Blogger Fabian Gressly bei «Kolt»-Herausgeber Yves Stuber nachgefragt und ein paar Gedanken festgehalten. Deshalb weiss er auch nicht, ob das Folgende ein Nachruf ist.

Als wir vor rund acht Jahren mit zmitz loslegten, gab es da im östlichen Kantonsteil bereits ein Produkt, das so ziemlich genau das machte, was unsere Wunschvorstellung gewesen wäre: ein cooles Print-Magazin über Kultur und Gesellschaft. «Kolt» wollte der dürstenden Oltner Leserschaft das bieten, was andere nicht oder zu wenig vermochten: Themen aus Kultur und Gesellschaft, nahe an den Leuten. An jenen, welche die Geschichten erzählen, ebenso wie an jenen, die sie lesen. Mit dem Konzept sorgten die Macher:innen schweizweit für Aufmerksamkeit. Viele in Olten waren der Meinung, nur im «Kolt» erfahre man, was in Olten geht – und wieso die Dinge sind, wie sie sind. Sogar die NZZ stellte fest: «Tatsächlich ist ‹Kolt› eine der wenigen unabhängigen Stimmen, die über das Stadtleben berichten.» «Unabhängig» heisst auch, dass man sich nicht von öffentlichen Geldgebern abhängig machte – abgesehen von einer Startfinanzierung, einem einmaligen Darlehen sowie jüngst finanzieller Unterstützung der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung zur Förderung der Medienvielfalt.

Wir hatten uns zum Start von zmitz auch mit Yves Stuber getroffen und ausgetauscht. Welche Erfahrungen hatte er gemacht, worauf sollten wir hier achten? Auch, als es um die Optimierung unserer Agenda-Lösung ging, standen wir mit dem «Kolt»-Herausgeber in Kontakt. Allzu gern hätten wir die Lösung eines Veranstaltungskalenders, die er fürs «Kolt» umsetzen liess, übernommen. Vernetzen schadet schliesslich nie. Dass dies nicht zustande kam, lag nicht an ihm oder uns, sondern an – man nennt das glaub «übergeordnete Interessen».

Man war sich irgendwie verbunden, stand für die Überzeugung ein, dass es da in der Region eine mediale Lücke zu füllen gab. Wie ein Paukenschlag erreichte uns deshalb vorletzten Freitag die Nachricht: Nach 13 Jahren verkündete Yves Stuber seiner Leserschaft: «Dr Schnuuf esch uus.» Und ich fragte mich: Was lief denn schief? Ausgerechnet jetzt, da regionaler Kulturjournalismus die Aufmerksamkeit der Branche erregt hatte (jaja, ich hatte mal versprochen, dass ich nicht weiter mit unserem Medienpreis hausiere, aber das ist ein anderer, «übergeordneter» Fall, der eine Ausnahme erlaubt). Jetzt, da neue Medien und ebenso neue Verlagsformen, wie jene einer «Republik», sich zu etablieren scheinen. Jetzt, da eine Stiftung gewillt war, «Medien wie uns» finanziell zu unterstützen.

Dass die Nische eines Kulturmagazins für eine relativ kleine Region wie Olten zu spezifisch war, hatte man gemerkt und eine Kurskorrektur vorgenommen. Vermehrt suchte man die Relevanz und mit ihr den direkten Nutzen für die Leserschaft. «Wenn du ihn findest, dann funktioniert das Modell kombiniert mit einem angemessenen, bezahlbaren Angebot sowie einer Kommunikation, die viele und nicht nur wenige anspricht», ist Yves Stuber nach wie vor vom Abo-Modell – auch für ein verhältnismässig kleines Verbreitungsgebiet – überzeugt. Man sei auf gutem Weg gewesen, es fehlte einfach am Schnauf auf lange Dauer. 700 zahlende Abonnenten hatte man. Das waren zwar weniger als die 1000 zu besseren Zeiten, aber dank Preiserhöhungen fielen die Einnahmen höher aus. Nun hätte man ein «Freemium»-Angebot aufbauen wollen: «Kostenlose Arbeiten, die Reichweite verlangen, ein günstiger Online-Zugang und dann eine starke Bewerbung unserer Mailings, die bereits knapp 1’500 Menschen erreichten. Darüber hinaus wären wir höchstwahrscheinlich mit dem Zugpferd Veranstaltungskalender in alle Haushalte in unserem Marktgebiet», so die Einschätzung des «Kolt»-Herausgebers. Ein Print-Magazin auf Abo-Basis, davon ist er weiterhin überzeugt, würde funktionieren. Kosten senken, indem man die Zahl der Ausgaben reduziert oder mehr auf online setzt, war für Yves Stuber keine Option: «Damit gewinnst du per se keine neuen Kundinnen und Kunden. Der einseitige Fokus auf die Kosten mache kein erfolgreiches Produkt. Die andere Seite heisst Einnahmen». Man hätte aber für eine gute Abstützung mit Abos, Spenden, Mitgliedschaft, Werbung, Verkäufen und vielleicht weiteren Dienstleistungen mehr Zeit benötigt. Die ging nun leider aus.

Nun den Mahnfinger zu erheben und so prophezeien, man werde dann schon noch merken, was einem am «Kolt» fehle, wäre zu pathetisch. Man würde es mir vermutlich auch nicht abnehmen, schliesslich bin ich – wenn nicht betriebs-, so doch ein bisschen branchenblind. Und doch: Das Heft hat das geliefert, was gerade in den letzten zwei Jahren so schmerzlich vermisst wurde und was auch in Zukunft nötig wäre: den Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält. Regional angerührt und dort aufgetragen, wo es nötig war. Und nicht in Zürich und übers ganze Land gepflastert.

So long, «Kolt»! Herzlichen Dank für 13 Jahre unermüdliches Festhalten am Ideal. Fürs Verfechten einer Idee, die dem globalisierten Medientrend die Stirn bot. Für die Überzeugung, dass Journalismus auch abseits des Mainstreams funktionieren sollte.

zmitz würde es ohne Fabian nicht geben. Denn im Jahr 2014 gründeten er und Lucilia den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn sichtbar zu machen. Fabian erzählt unter anderem die Hintergrundgeschichten. Denn auf dem Kulturparkett fühlt er sich wohl, kennt die Kulturschaffenden mindestens genau so gut wie die Kulturveranstalter und weiss auch um kulturpolitische Zusammenhänge. Als Blogger ist er in allen Sparten zuhause. Er ist aber nicht nur Co-Leiter der Redaktion, sondern kümmert sich als Präsident des Vereins darum, dass auch formal bei uns nichts aus dem Ruder läuft.