Als gestern viele Musiker (ja, keine Frauen) und noch mehr Besucher:innen den 70. Geburtstag von Solothurns Rock-Gitarren-Gott Thomy Kiefer zelebrierten, war zmitz-Blogger Fabian Gressly ebenfalls im «Kofmehl». Und er findet: So wie Kiefer selbst ist auch die «Thomy Kiefer Tribute Night» unvergesslich.

Ja, klar bin ich eigentlich zu jung, um über das Konzert gestern zu schreiben. Beim «Klassentreffen», wie ein Besucher, der selbst 20 Jahre jünger als Thomy Kiefer ist, den Abend nannte, war ich mit meinen zarten Mittvierzig für den Kindertisch bestimmt. Aber da sitzt man ja auch nicht immer so schlecht, ist oft näher am Buffet (bzw. in dem Fall der Bar). Und ebenso wie die Vita eines Solothurners immer mal Verbindungspunkte zu «Krokus» hat, habe ich solche zu Kiefers. Die Väter kannten sich gut, die Mütter mochten sich sehr, die Söhne und Töchter… Nur Thomy kannte ich nie. Aber das war gestern Abend nicht so schlimm; oder nein: Vielleicht war es sogar gut. Es hätte mir das Herz zerrissen, wenn ich den jungen Thomas auf all den alten Fotos oder Videos in den Einblendern über der Bühne gesehen hätte. Schon ohne ihn gekannt zu haben, sass der Kloss im Hals ziemlich tief. Da sah man etwa ein paar junge Männer um Thomy, die auf der St.-Ursentreppe Quatsch machten. Auf jener Steintreppe, die damals wohl das Rockigste in good old Solothurn war. Da war auch der nachmalige Gitarrist als kleiner Bub (schon da mit Gitarre) oder später mit allerlei Weggefährten auf Bandfotos, vor Industriehallen, Krokus im legendären Video zu «Highway Song» und, und, und…

Davor, auf der Bühne: Besagte Weggefährten aus all den Bands, in denen Thomy Kiefer sein Gitarrenspiel zelebrierte. Männer um die 70, gegen welche all die Kendrick Lamars, Weeknds, Lady Gagas oder Ariana Grandes einpacken können. Drei Stunden Rock – irgendwo zwischen «Pink Floyd», «Motörhead», «Rolling Stones», «Uriah Heap» und… – …ja, eben, «Krokus». Neben mir sagte zu Beginn des Konzerts ein Besucher: «Das isch ebe no Musig gsi!» Und ja, er hatte recht. Virtuos, genial, feingliedrig und doch wuchtig. Der Start von «Inside», wo Kiefer mit seinem langjährigen Freund Marko Dermelj spielte, war gewiss noch leicht verhalten. Immerhin war das ja vermutlich reichlich ungewohnt: Die Rocker standen nach Jahrzehnten in der «Kofmehl»-Halle wieder vor rappelvollen Rängen. Aber nach ein paar Minuten klang es, wie es damals in irgendwelchen Rock-Clubs in den USA oder England getönt haben muss.

Solothurn war ja auch abseits der St.-Ursentreppe ein recht kleiner, wenn auch äusserst produktiver Rock-Kosmos. Viele Musiker spielten über die Jahre in unterschiedlichen Bands. «Inside», «Montezuma», «Terrible Noise», «Lovely Fleas», «Cityleaders», «Kaktus»… Und so spielten all die Rocker auch gestern in den unterschiedlichsten Konstellationen. Man kennt sich ja eh… Sie spielten Jimi Hendrix, «Doors» und «Cream» (damals um Eric Clapton, ebenfalls ein Ü70er, der im Gegensatz zu seinen Altersgenossen im «Kofmehl» sein am Dienstag geplantes Konzert erneut verschieben musste), sie spielten aber natürlich auch eigene Songs. Und sie spielten, als hätte es die letzten 50 Jahre nicht gegeben. Sogar das Berner Rock-Urgestein Jimy Hofer und Housi Wittlin kamen. Immer irgendwo dabei: Marko Dermelj. Auch Ben Jeger, Jürg Naegeli, Fernando von Arb (einfach immer noch die Coolness in Person!) – …und Dani Kiefer, der die Tribute Night ins Leben gerufen hatte. Als wir uns vor ein paar Monaten unterhielten (schau hier), weil der gestrige Abend ruchbar wurde und wir bei zmitz selbstverständlich etwas darüber schreiben wollten, legte Dani grossen Wert darauf, dass alle Musiker genannt werden. Er selbst war ihm in dieser Aufzählung nicht so wichtig. Dabei wurde er, wie länger die Nacht dauerte, zur unverzichtbaren Stütze des Abends. Erst noch leicht verlegen am Bühnenrand die Musiker ankündigend, dann mit Gitarre die Songs seines Bruders spielend mitten auf der Bühne. Frenetisch bejubelt von den Weggefährten der Weggefährten im Publikum. Und die wussten: Der Abend steuerte auf seinen Höhepunkt zu. «Krokus» war angekündigt, in der Formation der alten, erfolgreichsten Tage. Natürlich wieder von Arb, Chris von Rohr, Freddy Steady, Mark Kohler, Marc Storace… Sie spielten die grössten Hits von damals, als Thomy mit seinen Soli der Band den Charakter gab, der sie ausmachte: «Tokyo Nights», «Bedside Radio»…

 

Am Schluss eines Abends, dessen Intensität das «Kofmehl» wohl schon lange nicht mehr erlebt hat, kamen sie alle nochmals auf die Bühne. Zum Dank, zur Verneigung – von ihnen an Thomy und von uns an sie. Mitten drin im Hintergrund: Dani Kiefer, den Blick immer wieder auf Thomys Gitarre gerichtet, die den ganzen Abend in der DJ-Kanzel thronte… Die letzten Klänge des Abends sollten einzig und allein von Thomy kommen: Mit seinem einzigartigen Gitarren-Solo aus «Fire».

Bis heute Abend kriegt man auf dem zmitz-Instagram-Kanal in unserer aktuellen Story noch ein paar Happen Klänge (hier).

 

zmitz würde es ohne Fabian nicht geben. Denn im Jahr 2014 gründeten er und Lucilia den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn sichtbar zu machen. Fabian erzählt unter anderem die Hintergrundgeschichten. Denn auf dem Kulturparkett fühlt er sich wohl, kennt die Kulturschaffenden mindestens genau so gut wie die Kulturveranstalter und weiss auch um kulturpolitische Zusammenhänge. Als Blogger ist er in allen Sparten zuhause. Er ist aber nicht nur Co-Leiter der Redaktion, sondern kümmert sich als Präsident des Vereins darum, dass auch formal bei uns nichts aus dem Ruder läuft.