Sogar zmitz-Blogger Fabian Gressly wurde über die Jahre der vielgelobten Barock-Tradition der «schönsten Barockstadt der Schweiz» überdrüssig. Das hat sich in den letzten Wochen verändert und wurde zu einer schlagartigen Faszination. Kunststück, mit einem so leibhaftigen Beispiel wie Peter Viktor von Besenval direkt vor der Tür.

Wer vor der Winterpause des Hauses die Sonderausstellung auf Schloss Waldegg besucht hat, ist nicht verwundert, dass sie über ihr reguläres Ende, das auf Ende März angesetzt gewesen wäre, bis im August verlängert wird. Einerseits geniesst die Barockzeit – aus etwelchen Gründen, die über den Umstand, dass z.B Netflix historische Serien am Laufband produziert, hinausgehen – derzeit grosse Popularität. Andererseits ist Besenval, wie eigentlich seine ganze Familie, ein ideales Beispiel, um zu zeigen, wie Frankreich und Solothurn vor 300 Jahren verbandelt waren.

«Peter Viktor von Besenval (1721-1791). Ein Leben im Dienst der französischen Krone» ist eine kurzweilige, unterhaltsame, aber ebenso aufschlussreiche Ausstellung über das Leben im Umfeld des französischen Königshofs zu dessen glamurösesten Zeiten. Und das mit dem Blick eines Schweizers, was die Zugänglichkeit enorm erleichtert. Oder wie es über Besenval selbst hiess: mit dem Blick des «französischsten aller Schweizer».

Die Weichen für die Karriere Besenvals wurden schon früh gestellt – so früh wie es damals üblich war, hatte man für seinen Sprössling eine Karriere durchgeplant. Speziell ist lediglich vielleicht, dass dies ein Solothurner erreichte. Oder auch nicht so speziell, denn viele Solothurner Familien betrieben in den Diensten der französischen Krone Militärwirtschaft. Und wer die Geschichte der Besenvals kennt, kennt auch ihre Frankreich-Nähe. 1721 wurde Peter Viktor von Besenval auf Schloss Waldegg geboren. Seine Eltern – oder vielmehr sein Vater, der ebenfalls in Frankreich Karriere machte – schicken ihn im Alter von 10 Jahren in eine französische Militärakademie. Sieben Jahre später war Besenval Kommandant der familieneigenen Schweizergarde-Kompanie. Die Karriere ging weiter bis Besenval 1781 Oberbefehlshaber der Truppen und Garnisonen im Innern Frankreichs wurde.

Du bist nicht interessiert an Militärkarrieren? Kann ich verstehen… Doch dazu muss man wissen, dass der militärische Erfolg einen Tür und Tor in den innersten Zirkel des Königshofs öffnete. Besenval verkehrte mit dem «Who is Who» des Ancien Régimes. Er – ums in der heutigen Sprache zu formulieren – hing regelmässig mit Marie-Antoinette, der Frau von König Ludwig XVI., ab. Gut, diese Generation war auch die letzte des sagenhaften Ancien Régime. Für viele gings in eine ziemlich kopflose Zukunft. Trotzdem oder gerade deshalb: Der Pomp war unvergleichlich. Und Besenval selbst betritt als Baron und Kommandant der königlichen Truppen sogar kurz die Bühne der Weltgeschichte. Allerdings endete dieser Auftritt wenig schön: Auf der Flucht vor der Revolution zurück in die Schweiz wurde Besenval abgefangen, verleumderisch des Hochverrats angeklagt und ins Gefängnis gesperrt (Bild unten: seine Aussicht aus der Zelle). Er wurde dann zwar freigesprochen, starb aber wenig später geschwächt.

 

Die Ausstellung auf Schloss Waldegg zeigt den vielseitig begabten Baron in all seinen Facetten: als Solddienstoffizier, Höfling und Vertrauten der Königin Marie-Antoinette, als Schriftsteller und Sammler von Kunstgegenständen und Pflanzen, als Mäzen und Bauherrn und als galanten Liebhaber. Kurz: als Mitglied der damaligen Pariser Noblesse. Perfekt erzählt wird diese Geschichte, wenn man sich mit Museumsleiter Andreas Affolter auf eine Führung begibt. Denn einerseits wird die Geschichte Besenvals so lebendig, andererseits verbindet Affolter die rund 250 Jahre zurückliegende Geschichte mit aktuellen Anknüpfungspunkten. Zum Beispiel damit, dass sich Besenval inmitten von Paris, an der Rue de Grenelle, ein Stadtpalais leistete, das heute Sitz der Schweizer Botschaft ist. Exklusive Kunstsammlung und «Hallenbad» inklusive.

Die nächste Führung durch die Ausstellung gibt’s am 4. Mai (19 Uhr), die Ausstellung selbst öffnet mit dem Schloss nach der Winterpause am 2. April. Details online.

zmitz würde es ohne Fabian nicht geben. Denn im Jahr 2014 gründeten er und Lucilia den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn sichtbar zu machen. Fabian erzählt unter anderem die Hintergrundgeschichten. Denn auf dem Kulturparkett fühlt er sich wohl, kennt die Kulturschaffenden mindestens genau so gut wie die Kulturveranstalter und weiss auch um kulturpolitische Zusammenhänge. Als Blogger ist er in allen Sparten zuhause. Er ist aber nicht nur Co-Leiter der Redaktion, sondern kümmert sich als Präsident des Vereins darum, dass auch formal bei uns nichts aus dem Ruder läuft.