Bloggerin Fatma Kammer packt immer mal wieder die Liebe zur Fotografie. Dabei lässt sie sich auch «auf der Gasse» inspirieren. Wem sie dabei zum Beispiel über den Weg gelaufen ist, erzählt sie euch im Zusammenhang mit einem Vorsatz für 2022.
Kaum war das neue Jahr ein paar Stunden alt, meldete sich meine Joggingpartnerin nach Monaten wieder. Leidensgenossen mobilisieren: Eine effektive Art Neujahrsvorsätze umzusetzen. Andere machen es nicht weniger subtil. Neue Fitness-Abos, Yogakurs-Anmeldungen oder Einkaufen beim regionalen Lebensmittelhändler. Mit dem Wechsel der Jahreszahl übergibt der innere Schweinehund dem Streber das Kommando über unser Hirn. Plötzlich muss man wieder klimafreundlicher, kräftiger und klüger werden. Bei mir ist das nicht anders.
So alle paar Jahre nehme ich mir vor, kreativer zu werden. Ich möchte wieder fotografieren. Und zwar so richtig. Mit Blick fürs Ästhetische, schwarzer Kleidung, schicker Fototasche. Ach ja, eine passende Kamera wäre auch nicht schlecht. Seit jeher fasziniert mich das Fotografieren. Ich weiss noch, als ich das erste Mal in der Schule mit der Camera obscura hantierte. Ein kleines Wunder war das, als sich plötzlich auf dem Fotopapier im Labor die Umrisse zu erkennen gaben. Dann mit einer richtigen Kamera auf Bilderjagd. Als Teenies mussten wir nicht lange nach geeigneten Sujets suchen. Wir haben das für uns Wichtigste fotografiert: uns selbst.
Später habe ich mir eine Spiegelreflexkamera geleistet. Damit war ich fleissig unterwegs. Die meisten Resultate dieser kreativen Eskapaden habe ich nie zu Gesicht bekommen. Für die Entwicklung der Bilder war mir der Gang zum nächsten Fotofachgeschäft, das sich im selben Dorf befand, doch zu mühsam. Stellt euch die Erleichterung vor, als die Digitalkameras salonfähig wurden. Endlich sah man die Bilder gleich nach dem Abdrücken. Trotzdem flachte die Faszination ab, um sporadisch ein Lebenszeichen von sich zu geben.
Nun ist sie wieder da. Sie meldete sich kurz nach meiner selbstverordneten Social-Media-Auszeit, als ich mich gierig auf den Instagram-Button stürzte. Da tat sich mir keine erwartete Welt auf. Ich sah nicht wie üblich Bilder von den Beckhams in ihren Weihnachtsoutfits oder tolle Tiny Houses in abgelegenen exotischen Orten. Die ersten Fotos auf meiner History waren von Accounts, die sich in geografischer Nähe befanden. Die Programmierer schienen sich zu denken, mit Bildern aus der Nachbarschaft fixen wir die Social-Media-Junkies am ehesten an. So entdeckte ich den Instagram-Kanal von David Scholl, mit seinen tollen Schwarzweiss-Aufnahmen wieder.
Vor ein paar Jahren bin ich ihm in der Ratshausgasse in der Stadt zum ersten Mal über den Weg gelaufen. David Scholl hantierte an einer sehr alten, sehr technischen Spezialkamera, an deren komplizierten Namen ich mich nicht mehr erinnere. Er war voll im Flow. Tunnelblick. Total konzentriert. Quasi eine Einladung ihn anzusprechen. Und siehe da, er war so zuvorkommend, dass er sogar einverstanden war, sich und seine Kamera von mir ablichten zu lassen. Wenig später erkannte ich ihn auf einem Pressefoto: Den Empfänger des AZEIGER Kulturförderpreises 2019. So erfuhr ich seinen Namen. Seither verfolge ich seinen künstlerischen Weg.
Und wenn meine eigene Faszination wieder mal abflachen sollte, weiss ich, es gibt einen Silberstreifen am Horizont, der von Blitzlichtern leidenschaftlicher Fotograf*innen erzeugt wird.
Infos zu und Bilder von David Scholl findet man hier:
https://www.flickr.com/people/104468578@N06/?
https://www.instagram.com/yungdave0/
Bei ihr liegen die Ideen für Texte oft wirklich «auf der Strasse»: Fatma hat ein unglaublich gutes Gspüri für spezielle Menschen und ihre Geschichten. Und sie macht sich viele Gedanken über das, was sie umgibt. Darum wird sie auf zmitz mit Sicherheit nicht nur über besuchte Anlässe berichten, sondern auch über unerwartete Begegnungen mit Street-Art, mit Strassenmusikern oder dem «Kunstschaffenden von nebenan» und erzählen, was ihr dabei so durch den Kopf geht.