zmitz-Bloggerin Myriam Brotschi Aguiar hat sich für unseren Blog wieder mal in einen Kinosaal gesetzt, den Film «Stürm» geschaut – und sitzt nun Tage später mit einem Gedankenkarussell zu Hause.

Ein Leben verfilmen, eine gewachsene Persönlichkeit in einen Spielfilm packen – geht das überhaupt? Also ich beobachte an mir das Phänomen, dass sich in mir nach dem Schauen eines Biopics immer mehr Fragen auftun, als mir Antworten gegeben wurden. Fragen, die sich kaum beantworten lassen. So erging oder vielmehr ergeht es mir seit ich im Kino Palace zur Solothurner Premiere von «Stürm: Bis wir tot sind oder frei» akkreditiert war. An dieser Stelle möchte ich kurz einen Trommelwirbel einlegen für diesen kraftvollen, neugierig machenden Titel! Natürlich war mir Walter Stürm ein Begriff: als Ausbrecherkönig, als das Bild eines schnauzbärtigen Mannes mit markanter Brille neben grossen Lettern auf der Blick-Titelseite. Mehr nicht. Aber seit letzten Samstag tauchen nun immer wieder diese Fragen auf: Wie ist dieser Industriellenjunge auf die schiefe Bahn geraten? Was hat zum Zerwürfnis mit seinem Vater geführt? Wo waren seine Geschwister, seine Mutter? Las er wirklich Foucault im Gefängnis? Und wie war denn das nun mit dieser Barbara Hug? Liebte sie ihn und liess sie sich von ihm benutzen? Oder benutzte sie nicht vielleicht eher ihn für ihre Belange und ihre Berufung? Was entspricht denn nun in diesem Film der Realität und was ist Fiktion?  Das Gedankenkarussell dreht sich und das ist, denke ich, nach dem Betrachten eines Films nie etwas Schlechtes.

Bildlegende: Regisseur Oliver Rihs (links), Hauptdarsteller Joel Basman und Romana von Gunten (Kinos Palace und Capitol) freuen sich sichtlich über die gelungene Vorführung, welche beim Solothurner Publikum begeisterten Applaus ausgelöst hat.

Der Film an sich stellte für mich so etwas wie eine Reizüberflutung dar: zu viele Themen angetönt, denen der Film nicht gerecht werden konnte (zum Beispiel die Verbindung Stürms zur RAF?), zu viele Schnitte, die Sprache nicht immer sorgfältig eingesetzt, die Szenen mit vielen Statisten blieben – wahrscheinlich aus Budgetgründen – immer ein wenig halbbatzig. Ich fand den Film deshalb am Stärksten in den stillen Szenen zwischen Marie Leuenberger, welche Barbara Hug das Gesicht, den malträtierten Körper und ihren Kampfgeist gab und Joel Basman, der Stürm als dreisten, gewitzten und manchmal überraschend nachdenklichen Mann darstellt. Die romantische Anziehung zwischen ihnen, von der ich im Vorfeld las, spürte ich nicht. Am ehesten vielleicht Faszination für den anderen? Geradezu wunderbar versöhnlich und grossartig verwebt sich im Film der Soundtrack mit der ab und zu doch sehr wilden, fahrigen Geschichte. So begleitet mich Joe Dassin: er singt immer wieder mal sein sonores «Salut comment ça va?» in meinem Kopf …

 

 

 

 

 

Sie ist eine Frau des Wortes und des bewegten Bildes. Denn Kino kanns Myriam so richtig antun. Immer mal auf Reisen, weiss die Grenchnerin aber auch bestens Bescheid, was in ihrer Hood geht. Immerhin ist sie bestens verwurzelt. Und wenn sie hier über einen Anlass bloggt, schafft sie es, den Leser oder die Leserin auf einen kleinen Exkurs in Träumerei mitzunehmen. Dies aber nicht, ohne ihn oder sie auch sanft wieder auf den Boden der kulturellen Realität zurückzuführen.