zmitz-Bloggerin Mirjam geht endlich wieder aus und trifft eine Künstlerin oder einen Kulturschaffenden ihrer Wahl. Jemanden, den sie gerne (wieder) einmal sehen würde, von dem es News gibt oder sie schon lange einmal etwas fragen wollte (und sie hat meistens viele Fragen). Der/die Gesprächspartner*in wählt die Beiz und das Getränk.
Stefanie Steinmanns Name ist mir Ende des letzten Jahres zum ersten Mal begegnet. Dann nämlich hat sie die Förderpreisträger*innen für bildende Kunst und Fotografie 2020 unter dem Dach des Künstlerhauses S11 versammelt und eine Ausstellung mit ihren Werken zusammen mit Martin Rohde vom S11-Team konzipiert. Sie selbst war im gleichen Jahr ebenfalls mit dem Förderpreis für Kulturvermittlung ausgezeichnet worden. Schon damals fragte ich mich, was eine Kulturvermittlerin wohl ganz genau mache. Ehrlich gesagt, tauchte beim Gedanken an dieses Berufsbild ein Mann ü60 vor meinem inneren Auge auf, der zum Telefonhörer greift und sein Netzwerk für seine Projekte abklappert. Ertappt bei diesem komischen Bild, interessierte es mich umso mehr zu wissen, wie eine junge Frau diesen Beruf wahrnimmt und sich in ihm bewegt.
Stefanie und ich treffen uns an einem Morgen in der Confiserie Hofer in Solothurn. Sie bestellt einen Caffe Freddo für uns beide und bedauert ein wenig, dass wir keinen Abendtermin für einen Drink gefunden haben. «Wie wird man Kulturvermittlerin?», möchte ich von Steffi wissen und sie erzählt von ihrem Werdegang, der mit einem abgebrochenen Jus-Studim begann. Schnell habe sie gemerkt, dass ihre Leidenschaft eigentlich der Kunst und Kultur gilt, was einen Studienwechsel in die Kunsthistorik zur Folge hatte. «Auch nach dem Studium ging es nicht linear weiter», lacht sie. So erzählt sie von verschiedensten Stationen, unter anderem beim Bundesamt für Kultur, bei einer Kultur-Fachstelle und beim Kunstmuseum Olten, wo sie den Nachlass von Meinrad Peier aufgearbeitet hat. Aktuell ist Steffi als Projektverantwortliche und als Fundraiserin in «Raum Zeit Stille» in Kleinlützel tätig. In einem Teil der alten Pfeifen- und Stockfabrik sollen Artwork-Ateliers entstehen, welche von Zeichnungslehrpersonen, Handwerkerinnen oder Arttherapeuten als Raum für das eigene künstlerische Schaffen neben dem Broterwerb genutzt werden können. Quasi ein Ort des Innehaltens für die Kunstschaffenden.
Stefanie Steinmann wirkt ruhig und überlegt. Dennoch leuchten ihre Augen, als sie über ihre Masterarbeit, die sie über den US-Amerikanischen Konzeptkünstler Theaster Gates geschrieben hat, spricht. Er, der sich in Chicago dem Austausch mit der afroamerikanischen Community verschrieben hat und durch seine Kunst Dialoge anstossen will. Wir sprechen über die Kunst im öffentlichen Raum, über das, was immer präsent ist und zum Austausch anregt. «Kunst ist für mich dann gelungen, wenn die Menschen fasziniert sind», sagt sie. Wir sprechen über Olafur Eliasson im Museum Beyeler, der ihr sehr gefallen hat. Doch bei aller Welt – von Chicago bis Basel – landen wir immer wieder in der Region Solothurn. «Das Regionale wurde mir immer wichtiger», erzählt sie.
Während unserem Gespräch habe ich oft das Gefühl, zwei Seiten an Stefanie wahrzunehmen: Eine unglaubliche Offenheit, ein Fühler-Ausstrecken in alle Richtungen, ein grosses Interesse für Neues auf der einen Seite. Auf der anderen Seite eine Genauigkeit und Reflektiertheit. Die beiden Pole zwischen der Faszination für Konzeptkünstler wie Theaster Gates und dem zuerst gewählten Jus-Studium. Vielleicht eine Kombination, die eine gute Kulturvermittlerin ausmacht? Die Fähigkeit, Inspiration zu kanalisieren ohne den Rahmen für eine Umsetzung aus den Augen zu verlieren? Stefanie selbst spricht eine gewisse Ambivalenz an, wenn sie sagt, es sei manchmal beängstigend gewesen, innerhalb von Projektarbeiten unterwegs zu sein, nicht genau zu wissen, wieviel sie Monat für Monat verdienen werde, aber sie könne nicht anders: «Mein Antrieb war immer das Interesse an der Kunst und an den Menschen».
«Think global, act local». Diese Aussage fällt mir immer wieder ein, wenn sie spricht. Vielleicht ist das die Antwort auf meine Frage, was eine Kulturvermittlerin eigentlich macht. Oder wie Stefanie es sagt: «Ich werfe einen Blick von aussen auf ein Thema, ohne Berührungsängste zu haben. Und ich bleibe immer dran».
*) Aus aktuellem, meteorologischem Anlass haben wir uns entschieden, den Sommer in Gänsefüsschen zu setzen, sorry…
Seit der ersten Stunde bei zmitz dabei, ist sie sich bewusst, dass Kultur nicht immer allen gefallen muss. Sie aber weiss, was ihr passt. Soll nicht heissen, dass sie auch einmal über den Tellerrand ihrer eigenen Kultursuppe hinausblickt und Dinge erkundet, die nicht unbedingt ihr Ding sind. Ihr Herz schlägt für Musik – ob ab Bühne oder Konserve – und vor allem für alles, was nicht so ganz in ein Schema passen mag. Und weil sie im Hintergrund aktiv mitdenkt, bleibt zmitz nicht so gut wie ehedem, sondern wird stets besser.