Iris Minder hat mit «Äs eigets Völkli» ihr 10. und zugleich letztes Freilichtspiel geschrieben und inszeniert. Dabei hat sie noch einmal tief in Grenchens Historienkästchen gegriffen. zmitz-Bloggerin Myriam Brotschi Aguiar hat sich auf eine Zeitreise begeben.

Anders als in den früheren Jahren ist «Äs eigets Völkli» als Szenenspiel konzipiert – und ich war höchst gespannt darauf. Nicht nur, weil meine Tochter mitspielt und ich natürlich das eine oder andere von der Handlung bereits wusste, nein, auch weil der Wettergott zweimal mit üblen Sturmböen und Regenfällen reinpfuschte und das Stück abgesagt werden musste. Beim dritten Mal hats dann geklappt: Ich begab mich zusammen mit den anderen 34 Gästen auf eine Reise durch die Zeit, geführt von zwei Doktorandinnen der Philosophie und Archäologie (mitreissend gespielt von Aoife Hohl und Aïna Probst), welche in ihrer Doktorarbeit die Entwicklung des typischen Grenchners aufarbeiten.

Das Spiel beginnt in der Steinzeit und endet mit dem Generalstreik 1918. Dazwischen leiden und lachen wir mit den Protagonistinnen (die immer wieder in andere Rollen schlüpfen), werden aktiv ins Geschehen miteinbezogen und Zeuge, wie sich von Jahrhundert zu Jahrhundert die typischen Eigenschaften der Grenchner entwickeln. Dazu gehören ihr Flair für die Zeitmessung, ihre Freiheitsliebe, aber auch ihre Sturheit und – natürlich – das mangelnde Selbstbewusstsein angesichts der «Solothurner». Wie immer bei Iris Minders Stücken begeistert mich ihre Fähigkeit, mir historisch wichtige Meilensteine in eingängigen Bildern und Worten in Erinnerung zu rufen. Momente, die mein Grenchner Heimatgefühl anstupsen und mich stolz machen, aber auch Momente, die nicht selten schmerzen und beissen. Dann nämlich, wenn mir einmal mehr vor Augen geführt wird, dass die Schweizer Geschichte zäh und hart ist, dass menschenunwürdige Gräueltaten, für die wir Schweizer gerne andere anklagen, auch hier vor unserer Haustür passierten, dass arme Leute von Adligen und Obrigkeiten zu jeder Zeit unterdrückt und ausgenutzt wurden.

Vielleicht ist es deshalb, dass mich das Stück eher nachdenklich denn heiter zurückliess. Dies obwohl einzelne Szenen mich zum Schmunzeln bringen und Selbstironie hin und wieder durchschimmert. Vielleicht mag es auch daran liegen, dass Iris Minder sich nicht davor scheut, die ganz ernsthaften Themen anzusprechen. Denn die eingestreuten Auftritte von Susi Reinhart als «die Zeit» sowie Lorenz Probst, der den Tod verkörpert, regen das Nachdenken über unseren Umgang mit der Zeit und mit der Endlichkeit an.

Für die Vorstellungen von heute Abend und Freitag hat es noch Tickets. Die Derniere von Samstag ist ausgebucht. Infos und Tickets findet man hier.

 

 

Sie ist eine Frau des Wortes und des bewegten Bildes. Denn Kino kanns Myriam so richtig antun. Immer mal auf Reisen, weiss die Grenchnerin aber auch bestens Bescheid, was in ihrer Hood geht. Immerhin ist sie bestens verwurzelt. Und wenn sie hier über einen Anlass bloggt, schafft sie es, den Leser oder die Leserin auf einen kleinen Exkurs in Träumerei mitzunehmen. Dies aber nicht, ohne ihn oder sie auch sanft wieder auf den Boden der kulturellen Realität zurückzuführen.