zmitz-Bloggerin Mirjam geht endlich wieder aus und trifft eine Künstlerin oder einen Kulturschaffenden ihrer Wahl. Jemanden, den sie gerne (wieder) einmal sehen würde, von dem es News gibt oder sie schon lange einmal etwas fragen wollte (und sie hat meistens viele Fragen). Der/die Gesprächspartner*in wählt die Beiz und das Getränk.

Wenn der Kulturm ein Gesicht hätte, dann wäre es jenes von Anja Lauper. Obwohl mir bewusst ist, dass hinter dem Turm ein grosses Team steht, nahm ich ihn in der Vergangenheit doch immer eher als «Ein-Frau-Betrieb» wahr, als Anjas Turm halt eben. Nun, nach Corona, möchte ich gerne wissen, wie sich der Kulturm für die nächste Kultursaison rüstet und vor allem, wie Anja Lauper eigentlich alles unter einen Hut bringt. So schön die Arbeit im und für den Kulturm sein muss… am Schluss ist und bleibt es Freiwilligenarbeit, die man sich irgendwie einteilen muss. Doch das Gespräch sollte anders verlaufen als geplant…

Zuerst aber zur Lokalität: Anja «bestellt» mich ins Höfli des Vini. «Auch auf einen Cocktail hätte ich Lust gehabt», stellt sie fest, «aber das zum Türk hat noch nicht offen und das Vini geht einfach immer.» Tatsächlich wirkt das Vini ein bisschen wie ein zweites zu Hause: Anja ist mit Personal und Gästen gleichermassen auf du und fühlt sich auch in der Karte sicher. So bestellt sie zwei Glas Brachetto. Zugegeben, ich bin im ersten Moment etwas skeptisch, zu süssen Wein mag ich nicht. Doch die Skepsis verfliegt beim ersten Schluck. Brachetto perlt wunderbar.

«Ich weiss nicht, ob ich wirklich hier sitzen sollte», meint Anja gleich am Anfang. Ich stutze. Wie sie das meine, will ich wissen. «Im Frühling 2020 bin ich aus dem Vorstand des Kulturms ausgetreten, ich bin nun nur noch in der ‹Programm-Gruppe› tätig.» Schweigen meinerseits. Der Kulturm ohne Anja? Kaum vorstellbar. Und meine Fragen, die ich ihr stellen wollte, kann ich nun also weglegen. Die einzige Frage, die ich im Moment habe ist: «Warum?» Bevor sie das «warum» wirklich beantwortet, erzählt Anja mir von ihrer langen Geschichte mit dem Kulturm: Angefangen hat diese 2008 in der Bar, in welcher sie Cocktails mixte und Bier ausschenkte. Drei Jahre später organisierte sie die Lounge-Konzerte mit regionalen Musiker*innen, ab 2013 die Konzerte oben mit schweizweit bekannten Acts. Im Jahr 2017 startete sie die Reihe «Singer-Songwriter*innen-Nights». Erst jetzt verstehe ich, wie rasch Anja von der Barmitarbeiterin zum Kulturm-Gesicht wurde. «2008 wollte ich weg aus der Bankenwelt und unbedingt im Kulturbereich arbeiten, ich hatte nur keine Ahnung wie. Da dachte ich, ich beginne mal an der Bar des Kulturms, so kann ich etwas Kulturluft schnuppern», erzählt sie. Wie schnell der Turm ihr Sprungbrett in die Kulturwelt wurde, hätte sie wohl selber nicht geglaubt. Seit 2014 arbeitet sie hauptberuflich in einer Kulturagentur, immer 80 Prozent, damit genügend Zeit für den Kulturm blieb.

Ob sie genug habe, wollte ich wissen. Sie verneint. «Das ist es nicht, aber es ist einfach Zeit, weiterzugehen.» Und während sie von Erinnerungen aus ihrer Zeit erzählt, spüre ich, dass sie tatsächlich nicht «genug» hat. Aber auch, wie viel Arbeit sie in den letzten 13 Jahren in dieses runde, wunderbare Gemäuer gesteckt hat. Wohlverstanden: Freiwilligenarbeit. Freiwilligenarbeit für sie und für alle, die im Turm-Kosmos unterwegs sind und waren. Helfer*innen, die kommen und gehen, Kassenmitarbeiter*innen, die nach einigen Saisons neue Pläne haben, Vorstandsmitglieder, die weiterziehen. «Alles verständlich, so ist das Leben», sagt sie. Aber auch, dass ihr ein beständiges Team manchmal gefehlt habe.

Und so sprechen wir an diesem Abend vor allem über das Engagement, das die Kultur erfordert. «Meinen beruflichen Weg habe ich dank freiwilliger Arbeit gemacht», sagt sie versöhnlich und noch immer spüre ich das Lodern, wenn sie beispielsweise von den «Singer-Songwriter*innen-Nigts» erzählt. Auch wenn ich ihr hundertprozentig abnehme, wie gerne sie die Arbeit gemacht hat, weiss ich, wie viel sie dafür geschuftet haben muss. Ich sehe in ihr eine Macherin mit viel Leidenschaft und ich hoffe, dass die Kulturbranche in Solothurn noch viele Anjas findet.

Im Kulturm geht es neu mit den drei Vorstandsmitglieder Raymond Plüss, Bea Betschart und Anja Bösch weiter – und natürlich mit dem Verein, der im altbewährten Konzept weitermachen will. Auch in der neuen Kultursaison ist ein 3-tägiges Kulturm-Weekend pro Monat geplant. Bereits fix sind folgende Events:

◦ 17.9. Kilian Ziegler
◦ 14.10. Christoph Wolfisberg
◦ 15.10. Denise Donatsch
◦ 16.10. Mich Gerber
◦ 4.11. 2ofUs – Covers reduced to the max
◦ 5.11. Lisa Christ
◦ 6.11. Supersiech
◦ 3.12. Kooperation TanzTage Solothurn
◦ 4.12. Singer-Songwriterinnen-Night – 3 Musikerinnen zum Neuentdecken

Und während ich mich auf die neuen Anlässe freue, erhebe ich ein Glas mit süssem Brachetto auf Anja, die in ihrer freiwilligen Arbeit ein wunderschönes Kulturlokal massgeblich geprägt hat.

Seit der ersten Stunde bei zmitz dabei, ist sie sich bewusst, dass Kultur nicht immer allen gefallen muss. Sie aber weiss, was ihr passt. Soll nicht heissen, dass sie auch einmal über den Tellerrand ihrer eigenen Kultursuppe hinausblickt und Dinge erkundet, die nicht unbedingt ihr Ding sind. Ihr Herz schlägt für Musik – ob ab Bühne oder Konserve – und vor allem für alles, was nicht so ganz in ein Schema passen mag. Und weil sie im Hintergrund aktiv mitdenkt, bleibt zmitz nicht so gut wie ehedem, sondern wird stets besser.