Ganz langsam werden gewisse Corona-Massnahmen aufgehoben. So dürfen jetzt auch Kinder- und Jugendchöre (bis Jahrgang 2000) wieder live proben. Was das für den Solothurner Mädchenchor und die Singknaben bedeutet, hat Bloggerin Lucilia Mendes von Däniken nachgefragt.

Chöre gehörten zu den Vereinen/Institutionen, die ziemlich hart von den Corona-Massnahmen betroffen waren. Singen war streng untersagt. Kreative Lösungen waren gefragt, um die Mitglieder bei Laune zu halten und das zum Teil hohe Niveau aufrechterhalten zu können. So musste auch die Leitung des Solothurner Mädchenchors sowie der Singknaben über die Bücher gehen. Mit Zoom-Meetings, Einzelproben und Hausaufgaben versuchte man den Kontakt untereinander nicht zu verlieren und die Freude am Singen aufrecht zu halten. Kein einfaches Unterfangen. Inzwischen hat der Bundesrat die Massnahmen etwas gelockert. Kinder und Jugendliche bis Jahrgang 2000 dürfen wieder proben. Wie sieht der Probebetrieb aktuell aus? Lea Pfister-Scherer (Mädchenchor) und Andreas Reize (Singknaben) haben zmitz Auskunft gegeben.

Jugendchöre dürfen wieder singen. Wie seid ihr gestartet und wie sehen eure Proben aktuell aus?
Lea Pfister-Scherer (LPS): Ja, wir singen wieder – zwar noch unter erschwerten Umständen, aber die Freude, sich wieder sehen und gemeinsam singen zu dürfen, überwiegt. Die drei Stufen Grundkurs, Aufbauchor und Favoritchor proben wieder nach «normalem» Stundenplan mit Stimmenproben und Tuttiproben. Wir mussten uns erst wieder daran erinnern, welcher der gefühlt 1000 Stundenpläne der letzten Monate der «normale» war.
Es ist ein tolles Gefühl, wieder mehrstimmig zu singen. Die Maske, der grosse Abstand zwischen den Sängerinnen und die Geräusche der Lüftung im Raum sind aber eine Herausforderung. Wir versuchen das Beste daraus zu machen und setzen die Maske als «Text-Trainer» (man muss noch viel deutlicher Sprechen als sonst schon beim Singen) oder zur Klang- und Atem-Überprüfung (man hört sich selber besser, sieht die Einatmung an der Bewegung der Maske) ein. Über die weite Distanz sind vermehrt Kontakt-Übungen gefragt und wir arbeiten am Ausdruck der Augen über der Maske.
Zusammen mit dem Sologesangsunterricht, den wir die vergangenen vier Monate eingesetzt haben hoffen wir auf einen grossen «Wow-Effekt», wenn wir wieder normal, Schulter an Schulter und ohne «Dämpfer» vor dem Mund in die freien Gesichter vieler Zuschauer singen dürfen…

Andreas Reize (AR): Wir führen am Mittwoch-Nachmittag den Einzel-Unterricht vor Ort weiter. Jeder Sänger erhält so 30 Minuten Gesangsunterricht. Dabei richten wir das Augen- und vor allem Ohrenmerk auf die Entwicklung der Stimme, die gerade bei den Knabenstimmen ja immer im Wandel ist. Diese Begleitung war in all den Corona-Monaten sehr schwierig.

Ihr habt zum Teil auch Chormitglieder, die «zu alt» sind und darum nicht proben dürfen. Wie haltet ihr diese bei Laune?
LPS:
Die 15 Sängerinnen aus dem Frauenensemble sind momentan leider «zu alt», um gemeinsam Singen zu dürfen – sie sind alle bereits über 20 Jahre alt. Sie besuchen weiterhin fleissig Solo-Unterricht und können bei den Proben des Favoritchors per Zoom von zu Hause aus mit dabei sein.

AR: Das ist schwierig: die ü20 bei den Proben über Zoom «mitzunehmen» ist nicht befriedigend. Wir haben jetzt monatelang über das Internet geprobt. Einzelunterricht dürfen sie besuchen, es fehlt aber natürlich die Gemeinschaft.


Die Chöre hoffen, bald wieder in einem «normalen» Rahmen auftreten zu dürfen. (Foto: Hans Peter Schläfli)

Proben ist also schon mal möglich. Wie sehr mögt ihr euch schon um öffentliche Auftritte kümmern? Was ist geplant?
LPS:
Die Nachwuchssängerinnen in den Grundkursen hatten bereits Ende Februar einen Auftritt – nicht singend im Familiengottesdienst der Reformierten Stadtkirche. Geräusche und Instrumente wurden eingesetzt und eine Geschichte gespielt – dabei ist sogar ein Regenbogen im Kirchenraum entstanden.
Unser erstes Projekt ist für den 1. Mai im Kleinen Konzertsaal Solothurn geplant. Wir veranstalten eine «Soirée Sologesang» – je nach Lage mit Zuschauer und/oder als Stream. Wir möchten die Resultate aus der Sologesangs-Phase dem Publikum präsentieren. Die Erkenntnis hat uns als musikalisches Leitungsteam nicht erstaunt, aber trotzdem sehr erfreut: Unsere Chorsängerinnen sind auch Solosängerinnen. Ein breites Programm haben wir zusammengestellt – von Mani Matter über Adele bis zu Vivaldi. Über Auffahrt möchten wir ein Probeweekend veranstalten und am 15. Mai am Europäischen Jugendchorfestival in Basel auftreten. Wir haben grosse Hoffnung, dass dort das Strassensingen in der Altstadt von Basel stattfinden kann. Im Juli wollen wir am «Festival Europa Cantat» in Ljubljana teilnehmen. 30 Sängerinnen aus dem Aufbauchor, Favoritchor und Frauenensemble sind dabei. Wir werden Workshops besuchen und eigene Auftritte haben. Das Festival plant eine flexible Durchführung im Sommer mit vielen Events, die draussen stattfinden sollen.

AR: Wir planen eigentlich nur Woche für Woche – und Auftritte sind im Moment sowieso nicht prioritär. Persönlich hoffe ich aber, dass Anfang Juli, vor meinem Wegzug nach Leipzig (Anmerkung zmitz: Andreas Reize übernimmt dort den Thomanerchor), eine musikalische Verabschiedung möglich sein wird.

Infos zu den beiden Chören findet man hier: Mädchenchor und Singknaben.

 

Ohne Lucilia wäre zmitz nicht zmitz. Denn im Jahr 2014 gründeten sie und Fabian den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn strahlen zu lassen. Aus langjähriger beruflicher Tätigkeit und purem persönlichem Interesse kennt sie die Kulturbetriebe der ganzen Region und denkt immer eine Nasenspitze weiter. Sie ist aber nicht nur Co-Leiterin der Redaktion, sondern auch Vizepräsidentin des Vereins zmitz.