Frühling ist normalerweise die Zeit, in welcher es einen rauszieht – raus in die Natur. Dieses Jahr ist der Frühling die Zeit, in welcher es einen reinzieht – rein in die Museen.

Im Dezember hatte ich gerade noch im rechten Moment meinen inneren Stubenhocker überwunden und bin ins Kunstmuseum Solothurn an die Kantonale Jahresausstellung (lies hier). Es brauchte echt Überwindung, denn draussen schiffte es in Strömen, war saugruusig und einfach wäh! Der Fussweg von meinem Habitat ins Museum dauert zwar nur drei, vier Minuten. Aber selbst das war eigentlich nicht zumutbar. Doch weil danach die Schliessung kam und die irgendwie noch weniger zumutbar als jedes Huddelwetter ist, bin ich doch froh, hab ich mir das angetan.

Nun haben wir nach unendlichen Wochen also endlich wieder offene Museen. Und überall warten sie mit einer geballten Ladung Kunst auf! Denn sie konnten die letzten Ausstellungen ja nicht zeigen, es gab quasi Rückstau. Und den gilt es nun abzubauen. Und für uns auf der anderen Seite des Kulturmarktes gilt es nun, dieses Angebot mit allem, was wir haben, aufzusaugen. Gehet hin und …, nein, nicht mehret euch (also tut euch keinen Zwang an… 🙂 ), aber sättiget euch an der Kultur! Was sind schon 30, 40 Minuten oder eine Stunde Maskentragen und dabei Kunst schauen zu können gegenüber einem ebenso masken- wie kulturfreien Dasein? Eben!

Und schaut man sich an, was da alles auf uns wartet, so können wir uns halt schon cheibe glücklich schätzen. Im Kunstmuseum Solothurn sind Werke von Fritz Cäsar Baumann, Johanna Fülscher und Otto Morach, seines Zeichens «Hopperschter», zu sehen. Letzterer ist ja mein grosser Geheimtipp. Ja, klar, für Hiesige ist er nicht geheim. Aber ich verstehe halt nicht, wieso Otto Morach es nicht in die Gilde der ganz grossen Maler auf internationalem Parkett bzw. vor internationaler Staffelei seiner Zeit schaffte. Seine ausdrucksstarken Bilder irgendwo zwischen Chagall, Braque und Klee sind phänomenal! Kein Wunder, denn einen Winter verbrachte Morach in der Künstlerkolonie «La Ruche», einem Haus im Pariser 15. Arrondissement, wo eben genau diese Namen ein- und ausgingen. In der Stadt und Gegend, in welcher am kunstrevolutionären Aufbruch ins 20. Jahrhundert getüftelt wurde. Grandios! Hingehen! Anschauen!

Ausserdem zeigt das Kunstmuseum aus seiner Sammlung Schweizer Kunst der Kriegsjahre 1939 bis 1945. Die eigenartige Ästhetik dieser Kunst hat mich immer fasziniert angesichts des Gräuels, der auf der Welt tobte. Und wenn ich schon im Haus bin, werde ich mir die Ausstellung des Aargauer Künstlers Claudio Moser anschauen. Auch da gibt’s sicher Spannendes zu sehen. Ich freue mich richtig!!! Es fühlt sich an, als würde ich mir einen Tag im «Musée d’Orsay» oder im «Centre Pompidou» in Paris gönnen.

Aber natürlich öffnen alle oder die meisten Museen am Dienstag die Tore wieder, nicht nur das in meiner Nachbarschaft. Auch das Kunsthaus Grenchen. Und dieses bietet in der nächsten Ausstellung ab Samstag etwas, was auch nicht allzu oft vorkommt. Grenchen, quasi auf der Wasserscheide zwischen Deutsch- und Westschweiz, vereint mit «Im Wald» West- und Deutschschweizer Kunstschaffende. Das macht nicht manches Kunsthaus – Aarau, Lausanne, Basel –, liegt der Fokus doch meist entweder auf der Deutschschweiz oder der Romandie: Yann Amstutz aus La-Chaux-de-Fonds, Julian Charrière aus Morges, die Aargauerin Marianne Engel oder der St. Galler Alex Hanimann, aber auch der Solothurner Nico Müller. Und mit Teresa Chen (USA) und Angela Lyn (UK) blickt man «Im Wald» sogar über die Landesgrenze hinaus. Wann gibt’s so etwas schon ganz in userer Nähe..? Die Gruppenausstellung thematisiert den Wald als Ort des Unheimlichen, der ungestörten Natur und Idylle ebenso wie als Lebensraum und Wirtschaftsfaktor. Der Wald war und ist seit jeher Projektionsfläche bzw. -raum für den Menschen. Irgendwo zwischen Gebrüder Grimm und Sustainability. Er musste für moralische Belehrungen in Märchen herhalten und ist derzeit Zufluchtsort aller, die im Lockdown die neue Langsamkeit des Lebens entdeckt haben. Oder wie es das Kunsthaus formuliert: «In Mythos, Märchen und Volksglauben ist er nicht nur Schauplatz, sondern mit eigener Funktion belegt, indem er unter anderem die Grenze zwischen dem Bekannten und dem Fremden markiert.»

So oder so, ob hier im Kanton oder andernorts, ob Museen und Galerien: Geht hin und sättiget euren Kulturhunger!

 

zmitz würde es ohne Fabian nicht geben. Denn im Jahr 2014 gründeten er und Lucilia den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn sichtbar zu machen. Fabian erzählt unter anderem die Hintergrundgeschichten. Denn auf dem Kulturparkett fühlt er sich wohl, kennt die Kulturschaffenden mindestens genau so gut wie die Kulturveranstalter und weiss auch um kulturpolitische Zusammenhänge. Als Blogger ist er in allen Sparten zuhause. Er ist aber nicht nur Co-Leiter der Redaktion, sondern kümmert sich als Präsident des Vereins darum, dass auch formal bei uns nichts aus dem Ruder läuft.