«Clear Vision» heisst die CD, welche die neue Solothurner Jazzformation «Orem» vor wenigen Tagen veröffentlicht hat. Bloggerin Lucilia Mendes von Däniken hat sich dem Jazz hingegeben – und ihn wirken lassen.

Jazz hat mich immer schon fasziniert. Schon als knapp 25-Jährige besuchte ich regelmässig Konzerte im Jazzclub Solothurn – und war da meist mit Abstand die jüngste Besucherin. Tauchte mal doch ein anderer «Zwanziger» auf, dann mit Sicherheit ein Student der Jazzschule. Mich faszinierte nicht nur die Musik, die ich ehrlich gesagt bis heute nicht recht einzuordnen vermag. Mir gefällt vor allem die Stimmung, die Jazz zu vermitteln vermag. Wobei «Jazz» eben für mich nicht fassbar ist. Die Stile sind so vielfältig: von swingig über rauchig bis hin zu experimentell. Mit letzterer Variante konnte ich mich nie ganz anfreunden.

Vor mir liegt nun seit ein paar Tagen die aktuelle CD «Clear Vision» der neuen Solothurner Jazzformation «Orem». Darauf aufmerksam wurde ich, da ich einen der Köpfe hinter diesem Projekt schon seit meiner Kindheit kenne: Schlagzeuger Remo Borner. Aus Neugier habe ich also bei ihm die CD bestellt – und auf den passenden Moment gewartet, sie zu hören. Jazzmusik, so mein Empfinden, kann man auf zwei Arten geniessen. Die eine klingt etwas despektierlich: Als Lift- und Hintergrundmusik. Aber nur für ruhige Tätigkeiten, braucht sie doch Aufmerksamkeit, ohne aufdringlich zu sein. Noch viel lieber – und das nehme ich mir für heute vor: Bewusst geniessend! Mit einem Kafi in der einen Hand und einem noch backofenwarmen Dinkelbrötli in der anderen, setze ich mich aufs Sofa und lasse mich von der Morgen-Wintersonne blenden. Und dann drücke ich auf «Play» und warte ab, was passiert.

Die CD ist liebevoll aufgebaut. Die ersten Lieder holen einen ab, ganz sanft oder wie es das zweite Stück «Awakening» suggeriert: Man beginnt langsam wahrzunehmen, was rundherum geschieht. Die Töne von «Orem» sind durchs Band sanft, tragend, mal melancholisch, mal friedlich beschwingt. Und erst ganz gegen Schluss, wenn man dann so richtig munter ist, beginnt die Musik aufzudrehen. Immer noch sanft, aber doch so, dass man Energie kriegt für den Alltag. Diese CD wird einen besonderen Platz kriegen: Sie wird nicht einfach so abgespielt, sondern nur, wenn die Stimmung passt. Und dazu eignet sich ein Sofa an einem Wintermorgen genauso, wie bestimmt auch eine Hängematte im Sommerwind.

Neugierig geworden, habe ich darum Remo Borner noch ein paar Fragen gestellt.

Bist du bei «Orem» der einzige Solothurner Musiker – oder woher kommen die anderen?
Andy Seidt (guit) ist aus Günsberg und unterrichtet an der Kanti Solothurn. Nicola Bernhard (trp, flh) ist im Kanton Solothurn aufgewachsen, wohnt zurzeit in Bern und ist am Master an der HKB. Fabian Baur (piano) ist ein Berner Profi Musiker. Thierry Humbel (eb) wohnt in Riehen und ist Arzt.

Der Bandname «Orem» ist wohl aus deinem Namen entstanden? Oder hat es auch mit dem lateinischen Wort für «ich bete» zu tun?
Der Name ist tatsächlich eine Konstruktion aus meinem Vornamen. Das mit dem Lateinischen habe ich gar nicht gewusst, hat aber durchaus was, vorallem, wenn man es mit «ich spreche» übersetzt. Die Kompositionen sind quasi mein Sprachrohr. Somit habe ich gesprochen, was ich sagen wollte…

Warum habt ihr trotz Corona – und somit fehlenden Auftrittsmöglichkeiten – die CD auf den Markt gegeben?
Wir wollten eigentlich letzten März schon ins Studio. Wir mussten uns damals, aus bekannten Gründen, für eine Verschiebung entscheiden. Wir durften aber auch nicht zu lange warten, da wir schon in der Musik drin waren und den Schwung nicht ganz verpuffen lassen wollten. Da es mit dieser Art von instrumentaler Musik eh sehr schwierig ist live aufzutreten, stand eine Aufnahme im Vordergrund. Es ist Musik, die man auch gut einfach mal hören kann, ohne Live-Erlebnis. Spielen wollen wir aber schon, wenn es denn wieder möglich ist.

Hast du eine Botschaft, die du mit dieser Produktion mitgeben möchtest?
Wenn jemand meine Musik ganz durchhört, sich darauf einlässt, vielleicht in eine neue Welt eintaucht, Emotionen erlebt, abschalten kann, dann ist das meine Botschaft: Hört hin. Manchmal sind Dinge, auch wenn sie zuerst kompliziert, schräg und verworren erscheinen, schlussendlich schlüssig, farbig und schön. Im übertragenen Sinne: Hört einander zu.

Infos zur Band und der aktuellen CD findet man hier.

Ohne Lucilia wäre zmitz nicht zmitz. Denn im Jahr 2014 gründeten sie und Fabian den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn strahlen zu lassen. Aus langjähriger beruflicher Tätigkeit und purem persönlichem Interesse kennt sie die Kulturbetriebe der ganzen Region und denkt immer eine Nasenspitze weiter. Sie ist aber nicht nur Co-Leiterin der Redaktion, sondern auch Vizepräsidentin des Vereins zmitz.