Der Solothurner Schauspieler Dimitri Stapfer strahlt im Moment von Filmplakaten, man sieht ihn in Trailern, seine Aktivität auf den sozialen Medien ist im Moment gross. Warum das so ist, und wie es ihm in diesem Jahr so geht, hat er zmitz-Bloggerin Lucilia Mendes von Däniken erzählt.
Der Name Dimitri Stapfer ist mir immer mal wieder begegnet. Aber erst seit kurzem ist er in meiner Wahrnehmung so richtig präsent. Seit ich ihn in der Rolle des Romeo im Stück «Romeo und Julia» am Stadttheater Solothurn erlebt habe, beobachte ich Dimitri Stapfer etwas genauer. Was er da auf der Bühne an Energie, Präsenz, Impulsivität, an Mimik, an Gefühlsstärke und an Emotionen zu vermitteln wusste, hatte mich schwer beeindruckt. Aktuell steht er wieder im TOBS im Einsatz, probt für die Wiederaufnahme der Liebesgeschichte nach Shakespeare. Gleichzeitig läuft seit kurzem sein Film «Beyto» und heute Abend wird die erste Folge der Historien-Serie «Frieden» auf SRF ausgestrahlt. Ich schaue selten fern, heute Abend werde ich mir diese Premiere aber nicht entgehen lassen.
Dimitri Stapfer ist sehr präsent. Wie es ihm wohl geht?
Dimitri Stapfer, Corona hat den Kulturbetrieb ziemlich still gelegt. Wo wurdest du in diesem Jahr ausgebremst?
Bis Mitte 2021 wäre ich eigentlich gut verplant gewesen mit Theater- und Filmprojekten. Mit dem Lockdown vom März hatte ich sozusagen ein Berufsverbot, doch meine Projekte wurden glücklicherweise auf Ende dieses oder nächstes Jahr verschoben. Nun sieht es momentan so aus, als müssten alle Produktionen wieder verschoben werden. Die Kulturbranche steckt in einem Teufelskreis und ich sehe kein Ende, wie der durchbrochen werden kann, wenn wir von Lockdown zu (kulturellem) Lockdown hüpfen und dabei vergessen wird, dass die Branche hervorragende Schutzkonzepte vorzuweisen hat. Wir müssen als Gesellschaft gemeinsam durch diese verrückten Zeiten und uns an die Massnahmen des Bundes halten. Ausser dem Ausstehen der Lockdowns und dem Warten auf einen möglichen Impfstoff würde ich als mündiger Bürger gerne mal von der Politik wissen, was für Pläne und mögliche Konzepte sie versuchen in Zukunft anzupacken, um uns aus dieser Endlosschleife zu befreien.
Finanziell ist es gerade bei vielen Kulturschaffenden recht schwierig. Wie sehr leidest du unter der Situation?
Natürlich hatte ich finanzielle Einbussen, aber in den letzten sieben Jahren habe ich mehr oder weniger durchgearbeitet und war immer in einem Angestelltenverhältnis, das heisst, ich bin in diesen schwierigen Zeiten durch Arbeitslosengeld oder Kurzarbeit abgesichert. Aber viele Kolleg*innen, die als Selbständigerwerbende angemeldet sind, stecken teils krass in der Misere und müssen sich anderweitig durchschlagen, damit sie überhaupt ihre Mieten bezahlen können. Und wenn ich einen Blick in die Zukunft wage, baut sich ein düsteres Bild vor mir auf: Ich vermute, die nächsten Jahre werden echt hart, falls Kulturgelder wegen Sparmassnahmen gekürzt werden. Dabei wird oft vergessen, dass die Kultur nebst der Bildung, dem Austausch, der Unterhaltung, der Meinungsfreiheit usw., auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Schweiz ist. Die Massnahmen des Bundes gefährden gegen 180’000 Arbeitsstellen in der Kulturbranche. Zudem hängen an der Kultur finanziell gesehen nicht nur die Künstler, sondern auch Verleiher, Grafiker, Veranstalter, Druckereien, Handwerker, Gastronomen, etc. – alles arbeitende Menschen, die Steuern bezahlen und die Schweiz zu einem spannenden und attraktiven Wohn- und Arbeitsort machen.
Am TOBS bist du wieder am Proben für «Romeo und Julia». Kannst du dich gut motivieren – oder hemmt die Tatsache, dass man nie weiss: «Wird es am Schluss doch noch abgesagt?»
Ja, momentan ist nicht klar, ob oder wie oft das Stück gespielt werden kann. Ich versuche aus meiner Arbeit immer das Beste heraus zu ziehen und mich weiter zu entwickeln. Wir proben am Stück, arbeiten an unserem Handwerk und bleiben dran. Das TOBS hat hervorragende Schauspieler und ich liebe es mit ihnen zu proben.
An welchen aktuellen Projekten bist du? Was hört resp. sieht man in naher Zukunft sonst noch so von dir?
Ab heute ist die Schweizer Serie «Frieden» auf SRF1 zu sehen – oder auf der Mediathek des Senders. «Beyto» ein wunderschöner, berührender und wichtiger Film über die Liebe zweier Menschen läuft seit Ende Oktober in den Kinos. Die Komödie «Grab them by the penis» (Eine Anspielung auf die Aussage von Trump: «Grab them by the Pussy») wird ab März 2021 am Casinotheater in Winterthur gespielt und es gibt noch weitere Projekte, die noch nicht spruchreif sind. Aber wie gesagt: Alle Theaterprojekte stehen wegen Covid auf der Kippe.
Solothurn und Kultur: Sieht man dich in Solothurn im Ausgang?
Das Kreuz, die Grüne Fee und das Landhüsli sind meine Favoriten. Als ich noch in Solothurn wohnte, war ich natürlich auch oft im Kofmehl.
Welche Projekte möchtest du gerne noch verwirklichen?
Mein Filmregiedebüt, das «Maddock Manifest» (Arbeitstitel). Ich arbeite und inszeniere gerade an einem Langspielfim, den wir mit einer Minicrew während des ersten Lockdowns angefangen haben zu drehen. Der zweite Lockdown-Light gibt uns jetzt die Möglichkeit an dem Film weiter zu arbeiten.
Wo möchtest du in 20 Jahren stehen?
Vor kurzem sah ich «Being Sascha», ein eindrücklicher Dokumentarfilm über einen nicht-binären Menschen auf 3sat und darin kam ein Satz vor, der an mir hängen blieb: «Mein Denken weiterzuentwickeln ist für mich so wie ein Gameboy-Spiel, in dem ich von Level zu Level vorwärts kommen muss.» Ich bin jeden falls gespannt, in welchem Level ich mit 52 Jahren stehe.
Mehr Infos zu Dimitri Stapfer und seinen Projekten findet man hier: https://dimitri-stapfer.ch/
Ohne Lucilia wäre zmitz nicht zmitz. Denn im Jahr 2014 gründeten sie und Fabian den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn strahlen zu lassen. Aus langjähriger beruflicher Tätigkeit und purem persönlichem Interesse kennt sie die Kulturbetriebe der ganzen Region und denkt immer eine Nasenspitze weiter. Sie ist aber nicht nur Co-Leiterin der Redaktion, sondern auch Vizepräsidentin des Vereins zmitz.