Auf der Suche nach Kultur während Corona wurde zmitz-Bloggerin Mirjam Staudenmann auf einem Spaziergang durch Solothurn fündig: Galerien sind offen, Abstände können problemlos eingehalten werden. Am Sonntag hat sie drei Häuser besucht, ihr persönlicher Höhepunkt folgte am Schluss.
Es gibt sie, die Möglichkeiten, im Moment Kultur zu geniessen: Die ersten offenen Türen finde ich im Künstlerhaus S11. «…myceling» heisst die Ausstellung, ein «Festival der Wechselwirkung». Je länger ich durchs Haus gehe, desto stärker fällt mir das Geflecht auf, in welchem die ganze Ausstellung verstrickt ist. Die fadenförmigen Zellen des Myzels, des Pilzes also, ziehen sich über alle Stockwerke. Immer wieder werde ich dazu eingeladen, auch meine Fäden zu spinnen, wiederholt wird die Wechselwirkung mit mir, der Galeriebesucherin, gesucht. Dann zum Beispiel, wenn ich bei einem Seil ein Stück in meiner Grösse abschneiden und es irgendwo in die Ausstellung verflechten soll. Oder wenn ich dazu ermuntert werde, auf einem Post-It Titel für Bilder der Ausstellung vorzuschlagen. Gerade in diesen Zeiten ist es ein schöner Gedanke, Teil eines grossen Ganzen zu sein.
Auch die Wandelhalle des Alten Spitals, zuweilen auch so etwas wie eine Galerie, ist problemlos zugänglich. Hier erwartet mich die Fotoausstellung «Ich sehe was, das du nicht siehst». Es erscheint mir ein passender Titel für ein Fotoprojekt von und mit Menschen aus dem Autismus-Spektrum. Eline Keller-Sørensen hat Menschen mit Autismus portraitiert und sie sich auch selber präsentieren lassen. Unterlegt werden die vielseitigen Bilder mit Hörtexten, welche über einen QR-Code aktiviert werden können. Die portraitierten Menschen sprechen dort über ihre Wahrnehmungen und Empfindungen. Ein interessanter Einblick – schade nur, dass die Bar in der Wandelhalle so steht, dass der Zugang zu den Bildern (und den QR-Codes) zum Teil schwierig wird.
Schliesslich führt mich mein Weg ein bisschen aus der Stadt hinaus zum Haus der Kunst St. Josef. Clare Goodwin, 1973 in Birmingham geboren und heute in Zürich lebend, hat die ehemalige Kapelle mit grossen Bildern abstrakter Formen ausgekleidet. Ich bin kurz sprachlos ob der Wirkung: Die repetitiven grossen, farbigen Formen unten und die barocken Elemente der ehemaligen Klosterkirche, die oberhalb noch zu sehen sind, verströmen Leichtigkeit und Wärme. Das Haus wirkt auf mich irgendwie rein und ehrwürdig und trotzdem leicht und dezent.
Ein kultureller Herbstspaziergang in der Stadt ist also auch während Corona möglich. Auch weitere Galerien sind geöffnet, Fortsetzung folgt.
Die Ausstellung im Künstlerhaus kann noch bis am 22. November besucht werden. Infos hier.
Die Fotografien zu «Ich sehe was, das du nicht siehst» hängen noch bis am 20. Dezember im Alten Spital: Infos hier.
Clare Goodwins grossformatige Kunst ist noch bis am 15. November im Haus der Kunst St. Josef zu bestaunen. Infos hier.
Seit der ersten Stunde bei zmitz dabei, ist sie sich bewusst, dass Kultur nicht immer allen gefallen muss. Sie aber weiss, was ihr passt. Soll nicht heissen, dass sie auch einmal über den Tellerrand ihrer eigenen Kultursuppe hinausblickt und Dinge erkundet, die nicht unbedingt ihr Ding sind. Ihr Herz schlägt für Musik – ob ab Bühne oder Konserve – und vor allem für alles, was nicht so ganz in ein Schema passen mag. Und weil sie im Hintergrund aktiv mitdenkt, bleibt zmitz nicht so gut wie ehedem, sondern wird stets besser.