Heute Nachmittag findet in der Buchhandlung Lüthy in Solothurn die Buchvernissage von Franco Supinos neustem Kinderbuch «Mino und die Kinderräuber» statt. Bloggerin Lucilia Mendes von Däniken hat das Buch gelesen – und sich dabei viel mehr Gedanken gemacht, als bei den meisten andern Kinderbüchern.
«Lieber Luis
eigentlich wollten wir das neue Buch von Franco Supino ‹Mino und die Kinderräuber› zusammen lesen und besprechen. Es sollte der erste Mutter-Kind-Blog sein auf zmitz. Du warst stolz, als ich Dir das ausgedruckte Buch übergab und dir sagte, dass Du einer der ersten bist, der dieses Buch liest. Wir blätterten es zusammen durch. Die Bilder gefielen uns, die langen Titel fand ich komisch. Du holtest aber andere Bücher, die du schon gelesen hast und zeigtest mir, dass das heute so üblich ist.
Und dann begannst Du zu lesen. Alleine, in deinem Zimmer. Du tauchtest ein in die Geschichte von Chiara, Selma und Drago. Du nahmst gedanklich in ihrem Schulzimmer Platz und erfuhrst, dass Chiaras Nonno gestorben ist.
Und dann kamst du zu mir und warst bedrückt. Du sagtest mir, dass Du den Blog nicht machen möchtest. Es sei schwierig, dieses Buch. Und so nahm nun auch ich das Buch zur Hand.
Die Sprache ist einfach, aber nicht zu kindlich. Kein Jugendslang. Schöne, kurze Sätze, die dem Lesenden die Welt von Chiara rasch näher bringen. Und bevor man es merkt, ist man mitten in der Abenteuergeschichte, die Chiara zusammen mit ihren Freunden für die Schule niedergeschrieben hat. Eine Geschichte, die in die Vergangenheit Italiens zurück blickt. In die Vergangenheit von Chiaras Nonno – und dabei vom Schicksal erzählt, welches viele Kinder zu Kriegszeiten erleben mussten. Es geht um den Jungen Mino, um Kinderarbeit, um Armut, um Kindsentführung und Bomben. Und da bin ich froh, dass Du das Buch weggelegt hast. Auch wenn es ‹nur› eine Geschichte ist: Es ist eine traurige Geschichte. Ich selber lese sie gerne, denn sie eröffnet mir Einblick in ein Teil der Geschichte, den man oftmals verdrängt. Das Buch erinnert mich an Bücher, die ich als Kind gelesen oder gehört habe: die Geschichte von der roten Zora zum Beispiel oder die von den schwarzen Brüdern. Ja, nicht alle Kinder haben das Glück in einem geschützten Umfeld aufzuwachsen.
Und ich fasse einen Entschluss: Bald werde ich Dir und Deinem Bruder das Buch vorlesen – und dir gleichzeitig die Geschichte von eurem Grossvater erzählen. Auch er musste früh die Schule abbrechen um arbeiten zu gehen und so der Familie zu helfen, die in Armut lebte. Er wurde zwar nicht ‹gestohlen›, aber seine Kindheit hat man ihm genommen.
Und wenn wir dann am Schluss des Buches angekommen sind, werden wir wissen, dass sie ein nicht allzu trostloses Ende hat und Mino die Hoffnung auf ein besseres Leben nicht aufgibt. Er wurde zwar entführt, konnte sich aber befreien. Er durfte zwar nicht mehr zur Schule gehen, aber nachwievor bei seiner Mutter leben. Er arbeitete weiter für Masto Geppo und träumte von einer besseren Zukunft in einem Land, wo es genug zu essen gibt, wo die Erwachsenen Arbeit haben und die Kinder zur Schule gehen.
In so einem Land wohnen wir, Luis – und das ist ein grosses Glück.
Nachtrag: Das Buch ist für Kinder ab 8 Jahren empfohlen. Luis ist 10. Meiner Meinung nach handelt es sich bei «Mino und die Kinderräuber» nicht in erster Linie um eine Lese-, sondern eher um ein Vorlese-Buch. Ein Buch, das sich auch sehr gut als Schullektüre eignet um Themen wie Armut, Krieg und auch Migration zu behandeln. Auf jeden Fall ein Buch, bei welchem Kinder etwas Begleitung und Erklärungen brauchen. Vielleicht ist es genau das Buch, das Grosseltern ihren Enkeln vorlesen können – und dabei die Chance nutzen, um aus ihrer Kindheit zu erzählen. Ein Generationenbuch sozusagen.
Infos zum Buch findet man z.B. hier. Und kaufen kann man es schon bald hier.
Ohne Lucilia wäre zmitz nicht zmitz. Denn im Jahr 2014 gründeten sie und Fabian den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn strahlen zu lassen. Aus langjähriger beruflicher Tätigkeit und purem persönlichem Interesse kennt sie die Kulturbetriebe der ganzen Region und denkt immer eine Nasenspitze weiter. Sie ist aber nicht nur Co-Leiterin der Redaktion, sondern auch Vizepräsidentin des Vereins zmitz.