Noch heute Freitag und morgen Samstag wird – hoffentlich – auf Schloss Waldegg Claudio Monteverdis Oper «Il ritorno d’Ulisse in patria» aufgeführt. Dieses Werk führt zurück zum Ursprung der Oper – und hat unsere Bloggerin Lucilia Mendes von Däniken gefordert.
«Ich bin verloren», so der Kommentar meiner Begleitung in der Pause der Aufführung der Oper Waldegg, welche gestern Abend (leider!) im Stadttheater Solothurn stattgefunden hat. Ihr geht es wie mir, bei meinem ersten Opern-Besuch. Man sitzt da und staunt: Die Kostüme, die Instrumente, die Atmosphäre. Man beobachtet die anderen Gäste, ihre Kleider. Man blättert im Programmheft und liest die Rollenbesetzung, schaut die Fotos an. Und dann geht es los, man lehnt sich zurück und geniesst, um nach einer Weile zur Erkenntnis zu gelangen: «Ich bin verloren! Wer ist wer? Was singen die? Was läuft da vorne genau?»
Für mich selber war es gestern etwa der fünfte Besuch einer Opern-Aufführung. Ich hatte mich zu Hause kurz über die Handlung informiert – und: Ich klammerte mich zweieinhalb Stunden lang an das Programmheft. Las mit. Blätterte immer wieder zur Handlung und zur Rollenbesetzung. Und war so nicht mehr so ganz verloren.
Die Geschichte von Ulisses Rückkehr ist eine Geschichte mit Tiefgang und Schwere. Vor allem Ulisses‘ (Odysseus) Frau Penelope leidet. Sie leidet ganze 2 Stunden und rund 25 Minuten. Erst in den letzten 5 Minuten sieht man ein Lachen auf ihrem Gesicht. Und trotzdem: Die Aufführung ist nicht schwer und belastend. Immer wieder gibt es lustige, unerwartete Szenen. So zum Beispiel die Schafe, gespielt von jungen Sängern, die auf allen Vieren kriechend und blökend über die Bühne tapsen. Oder das frivole Paar, welches knisternde Stimmung verbreitet. Und da ist Iro, der Fresssack, bei dem man sich fragt: «Ist ihm am Schluss nicht übel?» Er isst und isst.
Doch das sind eher Nebenrollen. Mir persönlich aufgefallen – und das jetzt schon mehrmals bei Oper Waldegg-Aufführungen – ist Michael Feyfar. Seine Stimme gefällt mir und seine Mimik und Bühnenpräsenz faszinieren mich. Hansjörg Mammel in der Rolle des Ulisse (Interview mit Mammel findet man hier) weiss auch zu überzeugen: Alleine seine Körpergrösse passt gut zu Odysseus und gibt ihm die nötige Würde und Kraft.
Michael Feyfar und Hansjörg Mammel in Aktion. (Fotos: Sabine Burger)
Der Chor und die Choreografie sind stimmig und aufgrund der dezenten Kostümierung niemals aufdringlich. Bei den Aufführungen im Theater zu sehr im Hintergrund – für meinen Geschmack – ist das Orchester. Ich beobachte auf Schloss Waldegg sonst immer gerne die Musiker mit ihren alten Instrumenten, die man sonst kaum zu Gesicht kriegt.
Etwas mehr als zweieinhalb Stunden geht die Aufführung. Und eben: Zu meiner Enttäuschung fand sie im Stadttheater und nicht auf Schloss Waldegg statt. Es war wettertechnisch die richtige Entscheidung, da gab es spätestens in der Pause keinen Zweifel mehr: Es war draussen windig und unangenehm frisch geworden. Aber die Oper Waldegg verliert an Charme, wenn sie eben nicht auf Waldegg aufgeführt wird. Und sie erhält ein Korsett, welches den Aufführungen viel an Leichtigkeit nimmt.
Während meine Begleitung das Genre Oper wohl mal fürs erste abgehakt hat, werde ich weiter solche Aufführungen besuchen. Sie üben auf mich eine Faszination aus – auch wenn ich mich am Schluss immer wieder frage, ob all die begeisterten Schlussapplaus-Klatscher wirklich so viel mehr verstanden haben als ich und nicht vielleicht doch auch in der letzten halben Stunde immer wieder auf die Uhr geschaut haben. Was mich aber nun trotz allem fasziniert : Was die Musiker und Solisten leisten, ist gewaltig. Sozusagen musikalischer Hochleistungssport, aber vorgetragen mit viel Herzblut, wo passend einer guten Portion Schalk und deutlicher Freude. Und: Opern sind gespielte Märchen, die in eine Welt eintauchen lassen, die so gar nichts mit unserem Alltag zu tun hat. Mir tun Opern gut – und: wie man vielleicht beim Lesen des Blogs merkt: Sie lösen in mir ganz viele Überlegungen aus. Es ist also nicht reiner Konsum, der nach wenigen Stunden vergessen geht. Die Oper macht etwas mit mir – und das mag ich.
Ohne Lucilia wäre zmitz nicht zmitz. Denn im Jahr 2014 gründeten sie und Fabian den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn strahlen zu lassen. Aus langjähriger beruflicher Tätigkeit und purem persönlichem Interesse kennt sie die Kulturbetriebe der ganzen Region und denkt immer eine Nasenspitze weiter. Sie ist aber nicht nur Co-Leiterin der Redaktion, sondern auch Vizepräsidentin des Vereins zmitz.