Am vergangenen Freitag wurde im Kulturm getanzt, gekreiselt, geschwebt und gekickt, was das Zeug hält. Unsere Bloggerin Myriam Brotschi Aguiar war beim Erlebnisevent «NIA rockt den Turm» mit von der Partie und hat dabei die Zeit komplett vergessen.

 

Ich tanze gern. Sehr gern. Sport treibe ich. Notgedrungen, einfach, weil es die Gesundheit unterstützt. Klar, wurde ich deshalb sofort hellhörig und feinfühlig, als der Ruf «NIA rockt den Kulturm» aus dem eben selbigem schallte. NIA steht für neuromuskuläre, integrative Action. Es ist ein ganzheitliches Bewegungskonzept, das mit Elementen aus Kampfsport, Tanz und Entspannungstechniken arbeitet und Körper, Geist und Seele vereinen soll.

Kulturm-Frau Anja Bösch und Tamara Iaccarino, solide ausgebildete Nia Belt Instruktorin, empfingen rund 50 Interessierte, Klammer auf: das Verhältnis Mann : Frau war 1 zu 10, Klammer zu. Nach ein paar einführenden Worten stiegen wir in den Kuppelsaal, entledigten uns auf halber Höhe der Schuhe, denn Nia tanzt man barfuss und in Verbindung mit der Erde. Also raus aus dem Kopf, rein in den Körper. Vielleicht als stärkende Kraft hatte sich Tamara ein paar Nia-Enthusiastinnen zur Seite gestellt, das wäre aber gar nicht nötig gewesen. Die zierlich-durchtrainierte Frau mit den wilden Locken riss die Anwesenden vom Fleck weg in ihren Bann. Ihre Power, ihr Einssein mit der Musik, ihre spürbare Freude waren ansteckend: Innert Minuten machte sich unter der Kuppel des ehrwürdigen historischen Gebäudes eine verbindende, freudvolle Energie breit. Jede für sich und doch gut aufgehoben in  der Gemeinschaft, gingen wir auf in den unterschiedlichen Bewegungsarten, gaben uns der Musik hin. Wir wurden zu anmutigen Tänzerinnen, kraftstrotzenden Männern, hüpfenden Kindern, sinnlichen Sirenen – wir wurden tanzend zu einem harmonischen Eins. Wem das zuviel Spiritualität ist, dem sei gesagt, Nia ist auch äusserst sportlich: es lässt den Puls nach oben schiessen, ist schweisstreibend, es fordert die Muskeln und zieht an den Sehnen. Es ist ein Spiel mit Gegensätzen, Fallen und Aufrichten, Zusammenziehen und Spannen, kurze choreographische Einheiten wechseln sich ab mit Freedance. Die Tatsache, dass sich die Power-Einheiten der individuellen Fitness oder dem aktuellen persönlichen Befinden anpassen lassen, beugt einer Überforderung, Schmerzen oder Atemlosigkeit angenehm vor.

Und ich, die ich beim Sport sonst immer wieder auf die Uhr schaue, vergass komplett die Zeit! Das ist es doch, was laut dem Glücksforscher Mihály Csíkszentmihályi den eigentlichen Flow ausmacht, die Glückshormone sprudeln lässt, nicht? Einzig der Durst, der Schweiss und meine müder werdenden Glieder signalisierten mir nämlich, dass die Zeiger der Uhr zwei Stunden nach hinten gerückt waren.

Vier Tage sind seither vergangen. Das Erlebnis Nia pulsiert immer noch unter meiner Haut, schimmert in meinen Augen und macht mich nachdenklich. Denn, es war auch an diesem Abend offensichtlich, dass es die Menschen nach Momenten der Freiheit dürstet. So offensichtlich, dass wir die Nase voll von Normen haben und den Medien, die uns vorschreiben, was ästhetisch ist und was nicht, was anmutig ist und was nicht. Dieser Abend hat mir einmal mehr gezeigt, wir alle haben ein Herz, das für jemanden oder etwas brennt, wir alle sind weiblich anmutig, verletzlich und verletzbar, wir alle sind von männlicher Kraft strotzend. Nehmen wir uns die Freiheit, so zu sein, wie wir sein wollen!

Ein Weg, Nia kennenzulernen, führt über Tamara und getanztelebensfreude.ch

Sie ist eine Frau des Wortes und des bewegten Bildes. Denn Kino kanns Myriam so richtig antun. Immer mal auf Reisen, weiss die Grenchnerin aber auch bestens Bescheid, was in ihrer Hood geht. Immerhin ist sie bestens verwurzelt. Und wenn sie hier über einen Anlass bloggt, schafft sie es, den Leser oder die Leserin auf einen kleinen Exkurs in Träumerei mitzunehmen. Dies aber nicht, ohne ihn oder sie auch sanft wieder auf den Boden der kulturellen Realität zurückzuführen.