Am Samstag, 23. März, führt das Fröilein Schriber durch das Museum Enter in Solothurn. Bloggerin Dominique Niklaus hat an der Führung im Februar teilgenommen – und ist dabei in vergangene Zeiten eingetaucht.
Der Andrang ist gross an diesem Samstagmorgen im Museum Enter, Fröilein Schriber begrüsst jeden Teilnehmer der ausverkauften Führung persönlich, fragt nach dem werten Namen. Etwas altmodisch gekleidet ist die Dame, die Omahandtasche im Anschlag, ein adrettes Deux-Piece, ja, Fröilein Schriber kommt zu Besuch aus vergangenen Zeiten, um die Schätze des Museums in Geschichten zu hüllen.
Sie führt uns sogleich in den grossen Ausstellungsraum im Untergeschoss, mit hunderten, vielleicht tausenden, auf jeden Fall zahlreichen technischen Gerätschaften aus anderen Zeiten. Was damals die Zukunft von morgen war, wirkt heute nur noch veraltet, sind doch heute die Mobiltelefone die Allzweckwaffe für alles. Spannend ist aber, mit welchen Problemen früher die Erfinder zu kämpfen hatten. Guglielmo Marconi zum Beispiel, der zum ersten Mal für damalige Zeit komplexe Anordnung funkte, aber mangels Zeugen die aufwendige Versuchsreihe wiederholen musste. Oder dass in Solothurn in den zwanziger Jahren Radios der Marke Autophon hergestellt wurden, die damals als ganzer Stolz die Wohnzimmer der Region schmückten. Doch man sollte die Zeit nicht vor dem Radio verplempern, warnte der Bundesrat, und schaltete eigens dafür Inserate in den Tageszeitungen.
Ein weiterer Quantensprung war das Grammophon, wo es möglich wurde Musik auf Schelllackplatten, produziert aus Schildläusen, zu speichern und wieder zu hören. Fräulein Schriber spielt uns ein Lied von Caruso vor, die Aufnahme aus heutiger Sicht mehr als mangelhaft, aber nur dank dessen lässt sich heute noch erahnen, was für ein Ausnahmekünstler Caruso war. Berührend auch die Geschichte um den Hund Nipper, der zugelaufene Streuner, der so gerne Musik hörte, dass es das bekannte Logo ergab.
Richtig in ihrem Element ist Fröilein Schriber aber erst, als sie von ihrem ersten Job in der Papierfabrik Biberist erzählt, wo dank des imposanten Rechenschiebers Millionär die mühselige Buchhaltung um einiges erleichtert wurde, sie berichtet vom Kampf unter Weibern im Büro, den Stumpenmief im Büro des Chefs, unter den Teilnehmer werden Erinnerungen wach, man hat den Duft von damals wieder in der Nase.
Die letzte Etappe führt zu der Curta. Fröilein Schriber hat sich etwas verliebt in den gutaussehenden Curt Herzstark, der den ersten Taschenrechner erfand. Sie verabschiedet sich, wohl würde sie ein direktes Treffen in Verlegenheit bringen. Herzstark kommt selber kurz zu Besuch, aus seiner Heimatstadt Wien, um seine Curta den Besucher selber zu erklären. Wer nun an die handlichen, flachen Taschenrechner denkt, irrt gewaltig. Der erste Taschenrechner erinnert vielmehr an eine Pfeffermühle, die Handhabung wird sogleich mit den Teilnehmern getestet. Einfach ist es nicht, mit der mechanischen Rechenmaschine zu hantieren. Als Herzstark auf den Zug zurück nach Wien muss, werden die Teilnehmer entlassen und können nun noch eigenständig die restliche Ausstellung des Museum Enter anschauen.
Eva Frei, so heisst das Fröilein Schriber in der Neuzeit, ist das Spiezer Gschichtewyb und führt seit drei Jahren regelmässig durch die Ausstellung im Museum Enter. Sie hat sich für ihre Führungen gezielt die Themen ausgesucht, die ihr naheliegen. «Mit den Computern kann ich nicht viel anfangen,» erklärt sie amüsiert. Natürlich musste sie sich auch das Wissen über die vorgestellten Stücke aneignen, aber das fiel ihr leicht, schliesslich war Curt Herzsprung ein ausserordentlich gutaussehender Mann.
Während der Kulturnacht am 27. April 2019 gibt es Führungen zu Highlights der Solothurner Industriegeschichte um 18/19/20 Uhr sowie Retro Gaming von 14 bis 22 Uhr durchgehend. Wieder in die 80er abzutauchen und mit einem Commodore 64 zu spielen… da werden die Kiddies staunen, was für Geräte für die Eltern damals hip waren.
https://kulturnachtsolothurn.ch/events/retro-gaming.
Was Dominique bringt, hat Hand und Fuss. Ab der eigenen Neugier überrumpelt, ist sie auch mal für Ungewohntes zu haben und scheut sich nicht, ihre Meinung kund zu tun. Vor einigen Jahren frisch nach Solothurn gezügelt, hat sie sich sofort in die Stadt und ihr Kulturleben verliebt. Sie bewahrt sich aber den Blick der Zugezogenen, der den komplett verblendeten Einheimischen manchmal abgeht. Und das ist gut so.