Was haben Ingenieur Othmar H. Ammann und drei Unternehmer aus der Schweiz und Deutschland gemeinsam, ausser dass alle in Filmen der Solothurner Filmtage vorkommen? Sie alle hatten und haben eine Vision. Visioniert hat auch zmitz-Blogger Fabian Gressly – am Sonntag an den Filmtagen.
Das Filmfestival vor der eigenen Haustüre ist immer wieder Gelegenheit für Entdeckungen. Über 160 Filme laufen an den Solothurner Filmtagen, viele Schweizer Premieren oder Weltpremieren. Gut, man kann mit einer Dauerkarte nicht einfach mehr so reinspazieren wie vor Jahren. Aber wer einen Blick ins Programm wirft und sich ein Ticket nimmt, lernt immer wieder etwas kennen, was ihm bisher verborgen blieb.
Hättest Du zum Beispiel gewusst, dass New York ohne einen Schweizer wohl nicht das wäre, was der Big Apple heute ist? Der Zürcher Filmer Martin Witz erzählt in seinem Dokumentarfilm «Gateways to New York» die Geschichte von Othmar H. Ammann (1879-1965), der 1904 auszog, die Welt zu erobern. Nach dem Ingenieur-Studium an der ETH sucht er in der aufstrebenden US-Metropole an der Ostküste einen Job und kriegt diesen, mit etwas – noch immer schweizerischen – Unverfrorenheit auch. Was ab dann läuft, ist geradezu eine Legende. Ammann wird zu einem der wichtigsten Brückenbauer in den USA. Seine bekanntesten Werke? Die George-Washington-Bridge (1931), der Nordwest-Zugang zu Manhattan, und die Verrazzano-Narrows Bridge (1964), welche im Süden Staten Island und Brooklyn verbindet. Aber auch den Lincoln-Tunnel hat Ammann zu verantworten, ebenso wie letztlich die Golden Gate Bridge in San Francisco, für welche er das Realisierungskonzept entwarf. Witz gelingt es, obwohl er – wie er nach dem Film sagte – kaum Material über Ammann fand, ein feines Bild des Ingenieurs zu zeichnen. Das Bild eines Menschen, der in seiner Arbeit und im Land der unbegrenzen Möglichkeiten aufging. Das Bild aber auch, nach welchem die Familie wohl weniger wichtig war als die Ingenieursprojekte. Die ehemaligen Mitarbeiter und Angestellten von Ammann freilich erzählten wesentlich beherzter als die Tochter. Der Film lässt einen fast wieder vergessenen Pionier aufleben, der die neue Welt wesentlich geprägt hat.
Eine neue Welt – oder ein neues Verständnis selbiger – wollen drei andere Personen, denen an den Filmtagen ein Dokumentarfilm gewidmet ist, ebenfalls prägen. In «Fair Traders» begleitet der Solothurner Regisseur und Filmemacher Nino Jacusso drei Unternehmer, die sich von der reinen Profitgier abgewandt haben (falls sie jemals überhaupt dieser zugewandt waren) und sich für einen verantwortungsvollen, nachhaltigen und umsichtigen Weg entschieden haben. Patrick Hohmann machte einst Geld mit Garnhandel, hat sich aber der fairen Baumwoll-Gewinnung verschrieben. Jeder soll zu seinem Recht kommen und genügend verdienen. Teils verdienen Baumwollpflücker in Indien oder Afrika nun das Doppelte. Weniger verdienen täten, das gibt die Küttigkofer Bio-Bäuerin Claudia Zimmermann unumwunden zu, sie und ihr Mann definitiv mit dem eingeschlagenen Weg. Sie habe aber entdeckt, dass sie Erfüllung in einer sinnstiftenden Tätigkeit finde. Nicht darin, zwar Geld zu verdienen, letztlich aber davon doch nicht glücklich zu werden. Neben dem Bauernbetrieb hegt und pflegt sie auf ihrem Hof einen Bio-Laden, dem regionale Produzenten Produkte zuliefern. Auch hier: Alle sollen das kriegen und verdienen, was sie brauchen. Druck auf Preise, wie sie Grossvertelier auszuüben pflegten, sei nicht ihr Ding. Die Kunden dankens unter anderem damit, dass sie auch vermeintlich fehlerhafte Ware kaufen. Und Sina Trinkwalder letztlich hat den Job in der Werbung an den Nagel gehängt, all ihr Geld zusammengekratzt und ein eigenes Textilunternehmen aus dem Boden gestampft. Sie gibt Menschen, die aus irgendwelchen Gründen aus der Arbeitswelt gefallen sind, eine Chance und produziert erfolgreich Kleider und Gepäckstücke, verkauft selbständig und beliefert Grosshändler. Mit den drei Protagonisten und einem lebhaften Umfeld gelingt es Jacusso aufzuzeigen und fühlbar zu machen, dass man in der von Effizienz und Gewinnmaximierung getriebenen Weltwirtschaft auch anders unterwegs – und erfolgreich – sein kann. Ein unbedingt empfehlenswerter Film, der noch morgen Mittwoch (12 Uhr, Reithalle) an den Filmtagen läuft und am 14. Februar in die Kinos kommt.
zmitz würde es ohne Fabian nicht geben. Denn im Jahr 2014 gründeten er und Lucilia den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn sichtbar zu machen. Fabian erzählt unter anderem die Hintergrundgeschichten. Denn auf dem Kulturparkett fühlt er sich wohl, kennt die Kulturschaffenden mindestens genau so gut wie die Kulturveranstalter und weiss auch um kulturpolitische Zusammenhänge. Als Blogger ist er in allen Sparten zuhause. Er ist aber nicht nur Co-Leiter der Redaktion, sondern kümmert sich als Präsident des Vereins darum, dass auch formal bei uns nichts aus dem Ruder läuft.