Mit dem Stück «Terror» von Ferdinand von Schirach stieg das Parktheater Grenchen in die neue Spielsaison ein. Ein schwieriges und schweres Stück und wie sich zeigte, ein gewagter Akt, der nur rund 70 Besucherinnen und Besucher anzog. Bei denjenigen aber, die sich auf dieses Theaterstück eingelassen haben, hallt der Abend nach.

 

Ich gebe es zu: Mich hat es in erster Linie wegen Johannes Bandrup, bekannt aus Funk und Fernsehen und ein echtes «Leckerli» ins Parktheater gezogen. Ich ging ganz einfach davon aus, dass er ein Qualitätsgarant ist und ich habe mich nicht getäuscht. Bandrup und seine Schauspielerkolleginnen und –kollegen haben die äusserst dezidierte Sprache des Bestsellerautors (und Strafrechtsverteidigers) Ferdinand von Schirach perfekt in Szene gesetzt und zu einem Erlebnis gemacht.

Die Szene: ein Gericht. Das Publikum: Die Schöffen. In von Schirachs Theaterstück entscheidet das Publikum über «schuldig» oder «nicht schuldig». Verhandelt wird der Fall des Angeklagten Lars Koch, Major der Luftwaffe, der am 26. Mai 2013 den Befehl erhielt, ein von Terroristen gekapertes Flugzeug der Lufthansa vom Kurs abzudrängen. An Bord von Flug LH 2047 von Berlin-Tegel nach München befinden sich 164 Menschen. Die Maschine nimmt Kurs auf die ausverkaufte Allianz-Arena, wo 70000 Menschen auf ein Länderspiel warten. Major Lars Koch muss reagieren, soll er, darf er die Passagiermaschine abschiessen, wenn die Terroristen nicht einlenken? Die Uhr tickt und Lars Koch trifft die Entscheidung, das Flugzeug abzuschiessen und richtet damit über das Schicksal von 164 Menschen. Ferdinand von Schirach stellt in seinem ersten Theaterstück die Frage nach der Würde des Menschen. Ist es richtig, gottgleich Leben mit Leben abzuwiegen? Welche Gründe legitimieren ein grosses Unheil durch ein vermeintlich kleineres Unheil abzuwehren? Und wer trägt die Verantwortung?

Johannes Bandrup eröffnet als Vorsitzender die Gerichtsverhandlung, klärt die Theaterbesucherinnen und –besucher über ihre Pflicht, am Schluss das Urteil zu fällen, auf: «Bitte nehmen Sie diese Verantwortung ernst. Sie werden ausschliesslich über das urteilen, was der Angeklagte, die Zeugen, die Nebenkläger und Sachverständigen in diesem Verhandlungssaal sagen, nur die Beweise, die wir hier erheben, werden Grundlage ihres Urteils sein. Denken Sie daran, dass vor Ihnen ein Mensch sitzt, er hat die gleichen Träume wie Sie, die gleichen Bedürfnisse, er strebt, wie Sie, nach Glück. Bleiben Sie deshalb bei Ihrem Urteil selbst Menschen.» In den kommenden 90 Minuten wird der Fall minutiös aufgerollt, ich und die anderen Schöffen werden mit Details versorgt, wir vernehmen den Angeklagten, gespielt von Christian Meyer, wir lauschen dem hervorragenden Christoph Schlemmer als Verteidiger, spüren die Ungemach des Zeugen (Peter Donath) und leiden mit der Nebenklägerin, gespielt von Tina Rottensteiner. Nicht fassbar, weil zu wenig authentisch-engagiert erschien mir das Spiel von Annett Kruschke als Staatsanwältin. Oder war es, weil sie wenig Autorität ausstrahlte, dafür aber von Vorwürfen troff? Denn eigentlich habe ich mich schnell auf ihre Seite geschlagen, sprich, ich war eine von den 18, welche den Major in Grenchen für schuldig erklärten, 43 erklärten ihn für nicht schuldig. Weltweit entscheiden sich über 60 % jener Menschen, die sich das Stück angesehen haben, für den Freispruch. Mehr Infos dazu: http://terror.theater/cont/inhalt/de

Im Parktheater geht es indes weniger dramatisch weiter: Am 31.10. wird «A Tribute to Blues Brothers» gespielt. Hier vereinen sich Witz und Charme und werden zu einem actionreichen Musical voll mit unvergesslichen Songs. 

www.parktheater-grenchen.ch, Dienstag, 31. Oktober 2017, 20 Uhr. Tickets gibt es ab CHF 40.- und sind auch unter v3.ticketino.com erhältlich.

Sie ist eine Frau des Wortes und des bewegten Bildes. Denn Kino kanns Myriam so richtig antun. Immer mal auf Reisen, weiss die Grenchnerin aber auch bestens Bescheid, was in ihrer Hood geht. Immerhin ist sie bestens verwurzelt. Und wenn sie hier über einen Anlass bloggt, schafft sie es, den Leser oder die Leserin auf einen kleinen Exkurs in Träumerei mitzunehmen. Dies aber nicht, ohne ihn oder sie auch sanft wieder auf den Boden der kulturellen Realität zurückzuführen.