zmitz-Bloggerin Mirjam Staudenmann hat während einigen Jahren einen Bogen um die Literaturtage gemacht. In diesem Jahr hat sie einen erneuten Versuch gewagt…

Ich lese gern, sehr gern sogar. Und diese Leidenschaft hat mich – ich glaube vor ungefähr zehn Jahren – zum ersten Mal an die Literaturtage geführt. Doch diese vermochten mich nicht so richtig zu begeistern. Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Ich weiss nicht mehr ganz genau, wieso ich nur mässig zufrieden war. Deshalb wollte ich herausfinden, wie ich die Literaturtage heute empfinden würde.

Angefangen am Freitagmorgen bei Francesco Micieli im Landhaus. Seine Hauptfigur verbringt in «Hundert Tage mit meiner Grossmutter» nicht nur einfach so hundert Tage mit ihr, sondern ihre letzten. Eine innere Stimme hat ihr gesagt, dass sie noch 100 Tage zu leben habe und sie will in dieser Zeit ihren Enkel täglich sehen, ihm jeden Tag einen Gedanken mitgeben, der ihn zufrieden macht. Zufrieden, sagt sie. Nicht glücklich. Glücklich interessiere sie nicht. Er hat den Auftrag ihre Weisheiten zu sammeln. Das Buch tönt gut, ich denke, ich werde es kaufen.

Am Abend dann bin ich bei Flurin Jecker – wieder im Landhaus. «Lenz», seine pubertierende Hauptfigur und gleichzeitig Namensgeberin seines Buches, versucht an ein Mädchen zu kommen. Dafür besucht er ein Blog-Projekt der Schule welches Lynn, seine Angebetete, scheinbar auch belegt. Doch leider ist Lenz einem Freund auf den Leim gegangen, wurde reingelegt, steht nun im Projekt ohne Lynn – denn diese besucht den Kurs gar nicht – und ohne Thema da. Und ohne Thema gehe es nicht, meint der Lehrer. Ohne Thema schwimme man herum wie eine besoffene Ente auf dem Meer. Das Buch tönt unterhaltsam. Ob ich es kaufen werde, weiss ich nicht.

Nach den beiden Lesungen ist genug. Es wird mir klar, wieso mich die Literaturtage nicht zu begeistern vermochten, weder vor zehn Jahren, noch heute. Es ist ein trivialer und wohl sehr persönlicher Grund: Mir ist es einfach egal, wie ein Autor sein Buch vorliest. Es ist mir allermeistens auch egal, was er zu seinem Buch und den Themen darin meint. Im Gegenteil: Ein Buch zu lesen ist für mich etwas sehr intimes. Ich bin es, die mir die Figuren vorstellt, mir Bilder und Tonspuren zurecht legt. Ich möchte jene des Autors überhaupt nicht kennen. Es scheint jedoch viele Leute zu geben, die genau diese Töne und Bilder, diese Gedanken der «Buch-Schöpfer/innen» mögen. Für sie schaffen die Literaturtage eine Erweiterung, ein breiterer Zugang, vielleicht neue oder andere Ideen. Sicherlich aber eine Möglichkeit, neue Literatur kennenzulernen und Eindrücke von verschiedenen Werken zu erhalten. Mir reichen halt einfach schriftliche Kritiken oder Zusammenfassungen.

Was aber auch mir gefallen hat, war das Rahmenprogramm. Auf der spoken-word-Bühne habe ich einige tolle Auftritte gesehen. Hier wird die Sprache zum tragenden Element eines Textes, hier bedeutet es auch für mich eine Verstärkung, wenn ich die Autorin den Text vortragen höre. Auch die «Pecha Kucha und Power Point-Karaoke» drückt für mich eine andere Dimension von Literatur aus. Eine, die ohne den Einbezug der Autoren nicht denkbar ist. Denn an diesem Anlass formulierten die Auftretenden ihre Gedanken zu einer Power Point-Präsentation. Zum Teil toll vorbereitet (zum Beispiel im Fall von Valerio Moser und Remo Rickenbacher), zum Teil genial frei, ohne dass die Autoren die Bilder zuerst gesehen hätten (zum Beispiel im Fall von Daniela Dill).

Und was mir schliesslich am Rahmenprogramm auch noch aufgefallen ist, ist die Ergänzung zum Alt-Bewährten (und es scheint bei der gefühlten Besuchermasse wirklich «bewährt» zu sein). Denn dank dem Rahmenprogramm wurde den drei Tagen etwas von der Schwere des «illusteren Kreisleins von Literatur-Kenner/innen» genommen, ohne dass versucht wurde, das altbewährte Konzept zu verändern.

Seit der ersten Stunde bei zmitz dabei, ist sie sich bewusst, dass Kultur nicht immer allen gefallen muss. Sie aber weiss, was ihr passt. Soll nicht heissen, dass sie auch einmal über den Tellerrand ihrer eigenen Kultursuppe hinausblickt und Dinge erkundet, die nicht unbedingt ihr Ding sind. Ihr Herz schlägt für Musik – ob ab Bühne oder Konserve – und vor allem für alles, was nicht so ganz in ein Schema passen mag. Und weil sie im Hintergrund aktiv mitdenkt, bleibt zmitz nicht so gut wie ehedem, sondern wird stets besser.