Wie dunkel ein Konzert im Dunkeln wirklich sein kann und was man als Zuhörerin da erlebt, hat Bloggerin Lucilia Mendes von Däniken mit viel Staunen im Kulturm hautnah erfahren.
Eigentlich könnte man diesen Konzertbericht kurz und knapp mit drei Buchstaben beschreiben: «WOW!!!» Jedenfalls war dies meine Reaktionen am Schluss des Konzertes im Dunkeln vom Freitag im Kulturm in Solothurn. Schön ist immer, wenn man mit einer Vorstellung einen Anlass besucht – und dann überrascht, überzeugt, überwältigt wird. Vorgestellt hatte ich mir das so: Ich gehe in den Kulturm, suche mir im Konzertraum unter der Kuppel einen guten Platz, auf der Bühne erscheinen die Musiker, das Licht geht aus, Kerzen beleuchten leicht die Bühne (ja, wie sollen die Musiker sonst spielen können…?) und dann geht es los.
Falsch… Wir müssen in der Lounge warten. Die Musiker gesellen sich zu uns: Sandro Schneebeli stellt seinen Mitmusiker Max Pizio vor und erklärt den Ablauf des Abends. Danach werden wir von blinden Platzanweisern nach oben geführt. Bis zur Garderobe ist das Treppenhaus mit Kerzen belichtet, danach geht es in absoluter Finsternis weiter. «13 Stufen, danach ein kleiner Absatz und nochmals zwei Stufen», erklärt Monika. Wir werden in kleinen Gruppen in «Polonaise»-Reihen nach oben geführt. Oben: kein Licht, gar kein einziges. Nirgends ein Schimmer. Alle Handys mussten schon in der Lounge ausgeschaltet werden. Wir tasten uns zu unseren Stühlen. Kuhglocken bimmeln im Raum. Kreuz und quer. Absichtlich, wie ich auf der Website der Künstler lese: «Bewusste Desorientierung öffnet die Menschen.» Und danach geht die von Sandro Schneebeli angekündigt Weltreise los: Wir reisen musikalisch von Italien nach Spanien und über das weite Meer weiter Richtung Amerika. Kuhglocken, Flamencoklänge, Meeresrauschen, Möwengekreische… danach Blues – und dank Sambaklängen in die Wärme Brasiliens. Bis wir plötzlich von traditionellen Klängen begleitet in Asien landen.
Meine Aufmerksamkeit ist voll auf die Musik gerichtet. Keine Möglichkeit die anderen Konzertbesucher zu beobachten. Kein Blick aufs Handy oder die Uhr um Nachrichten oder die Zeit zu checken. Keine Ablenkung. Augen zu, da es sowieso dunkel ist – und Bilder, viele Bilder im Kopf. Kopfkino vom Feinsten. Unglaublich intensiv.
Urplötzlich werden zwei Kerzen angezündet. Das Licht irritiert. Man staunt, wie viele Instrumente die beiden Musiker «blind» gespielt haben. Sandro Schneebeli erzählt, erklärt, macht Lust auf mehr – und dann werden die Kerzen wieder ausgeblasen, eine Zugabe gespielt. Ich tauche nochmals ein in die Finsternis, um kurz darauf wieder von Kerzenlicht «geweckt» und in die Realität entlassen zu werden. Doch bevor wir durchs mit Kerzen beleuchtete Treppenhaus ins Freie verschwinden, sitze ich noch eine Weile auf meinem Stuhl und denke: «WOW!!!»
Infos zu weiteren Konzerten im Dunkeln findet man hier.
Ohne Lucilia wäre zmitz nicht zmitz. Denn im Jahr 2014 gründeten sie und Fabian den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn strahlen zu lassen. Aus langjähriger beruflicher Tätigkeit und purem persönlichem Interesse kennt sie die Kulturbetriebe der ganzen Region und denkt immer eine Nasenspitze weiter. Sie ist aber nicht nur Co-Leiterin der Redaktion, sondern auch Vizepräsidentin des Vereins zmitz.