Der Balsthaler Martin Schwab ist dem Charme der gemütlichen Stadt Wien schon während des Studiums erlegen. Manche Dinge vermisst er aber trotzdem etwas.

Wieso und wann sind Sie ins Ausland/nach Wien gegangen?
Nach Wien gegangen bin ich zum Studium, ich habe Theaterwissenschaften studiert. Die Vielfältigkeit der Wiener Theaterszene hatte mich bei meinem ersten Wienbesuch in ihren Bann gezogen. Natürlich war für mich auch der Reiz in einer Grossstadt zu wohnen mit ein Grund, weshalb ich mich für Wien entschieden hatte. Dieser Reiz ist bisher auch noch nicht verflogen.

Und wie lebt es sich dort so im Vergleich zur guten, alten Heimat?
Es lebt sich sehr gut in Wien. Die Preise, insbesondere die Mietpreise, aber auch im Allgemeinen die Lebenshaltungskosten sind tiefer. Natürlich verdient man auch weniger, aber ich habe insgesamt schon den Eindruck, dass ich freier bin in meiner Entscheidung, wofür ich das Geld ausgebe und nicht 75% meines Budgets für Mieten und Krankenkasse bereits weg ist. 

Wie unterscheidet sich das Kulturleben zwischen Wien und der Schweiz? Ist es bei Ihnen «leichter»?
Es ist dementsprechend auch einfacher/leistbarer, einen Raum zu mieten, um ein mehr oder minder spontanes Projekt durchzuziehen. Das beginnt bei Proberäumen oder Ateliers, bezieht sich aber genauso auf Objekte, in denen man eine Theaterveranstaltung, eine Ausstellung oder ein Konzert durchführen will. Hinzu kommt, dass es in Wien doch einfacher ist, sich dann enstprechendes Equipment (Ton, Lichtanlagen, Stühle etc. etc.) auszuborgen oder anzumieten. Auch personell kann man auf einen anderen, grösseren «Fundus» zurück greifen, wenn es um Künstle,r aber auch um Techniker oder Produktionsleiter geht.

Was vermissen Sie hier, was Sie in ihrer Heimat hatten/hätten?
Was ich vermisse, ist die Pünktlichkeit. Selbst wenn es auch in der Schweiz unpünktliche Menschen gibt, so habe ich doch den Eindruck, dass insbesondere auch in Arbeitszusammenhängen Pünktlichkeit in der Schweiz selbstverständlich ist, was man in Österreich leider nicht unbedingt behaupten kann. Ansonsten vermisse ich in erster Linie kulinarische Köstlichkeiten, wie den guten Käse. Es gibt zwar hierzulande auch guten Käse (auch Schweizer Käse), aber man kommt in der Schweiz schon leichter an guten Käse als hier.

Es gibt ja Dinge aus der Schweiz, die man (ein bisschen) vermisst. Was ist das bei Ihnen? Was nehmen Sie jeweils mit, nachdem Sie mal wieder hier waren?
Nach Wien bringe ich meistens Schoggistängeli und Truffes, aber hin und wieder auch mal ein Stück guten Käse, eine Kalbsbratwurst oder Appenzeller Biberli mit.

Und was bringen Sie jeweils Freunden und Bekannten aus Wien mit?
Käsekrainer. Eine Bratwurst mit Käsestücken darin. Eigentlich erstaunlich, dass es gerade in der Schweiz nichts gibt, was an einen Käsekrainer herankommt. In Wien genießt man Käsekrainer in erster Linie an den Würstelständen, die grossteils die ganze Nacht offen haben – der ideale Snack für Partynächte oder auch nach einer Premierenfeier…

Wo trifft man Sie regelmässig an? Wo verbringen Sie Ihre Freizeit? Wo trifft man Sie bestimmt nie an?
In Wien gibt es zwei, drei Kaffeehäuser, die ich sehr mag, wo man sich durch die internationale Zeitungslandschaft lesen kann, guten Kaffee trinken und gute Mehlspeisen essen kann. Das eine ist das Kaffee Weidinger am Gürtel, leider wohne ich aber zurzeit etwas weiter weg und bin nur selten dort. Das andere ist das Prückl am Ring. Ansonsten liebe ich den Augarten, den ich glücklicherweise direkt ums Eck habe, aber auch den Prater, der ja entgegen dem allgemeinen Touristenwissen weit mehr ist als der Rummelplatz mit Riesenrad etc., sondern ein kleiner Wald in der Stadt mit einer grossen Allee, Teichen und Wiesen. In Solothurn liebe ich Spaziergänge entlang der Aare oder auch auf den Roggen bei Oensingen, die Aussicht dort ist eines der Dinge, die ich am meisten vermisse. Das Alpenpanorama, insbesondere auch im Herbst mit Nebelmeer ist einfach atemberaubend. Nie antreffen tut man mich eigentlich nirgends. Es gibt kaum einen Ort für den es nicht auch für mich eine Gelegenheit geben könnte, mal hinzuschauen. Mit den richtigen Leuten, machts überall Spass.

Aus welchem Grund würden Sie wieder in die Schweiz zurückkehren?
Gründe in die Schweiz zurückzukehren gibt es für mich im Moment keine.

Welches Solothurner Kulturlokal oder -ereignis fehlt Ihnen bzw. würden Sie nach Wien zügeln?
Ich würde auch kein Kulturlokal oder -ereignis nach Wien «zügeln». Ich glaube, dass die Kulturlokale und -ereignisse einen Grossteil ihres Charmes aus ihrer Umgebung beziehen. Die Solothurner Filmtage z.B. sind deswegen so charmant, weil sie die Stadt verwandeln: Die Beizen haben länger offen haben, die Filmschaffenden und -kritiker kommen mit der lokalen Bevölkerung in Kontakt, weil sie eben in den gleichen Beizen essen und in den gleichen Bars feiern wie diese. In Wien würde sich das viel mehr «verlaufen». Deswegen macht es für wohl fast jede Kulturinstitution in Solothurn Sinn, dass sie eben in ihrer natürlichen Umgebung bleibt.

Ohne Lucilia wäre zmitz nicht zmitz. Denn im Jahr 2014 gründeten sie und Fabian den Kulturblog, um die vielseitige Kultur rund um Solothurn strahlen zu lassen. Aus langjähriger beruflicher Tätigkeit und purem persönlichem Interesse kennt sie die Kulturbetriebe der ganzen Region und denkt immer eine Nasenspitze weiter. Sie ist aber nicht nur Co-Leiterin der Redaktion, sondern auch Vizepräsidentin des Vereins zmitz.