Millionen hat der Umbau des Stadttheaters gekostet und nun dürfen die Ränge zu Saisonbeginn unter keinen Umständen leer bleiben: Friedrich Dürrenmatts alte Dame wird der Direktion – da ist sich Blogger Ruedi Stuber sicher –  ein volles Haus bescheren.

 

Claire Zachanassian alias Kläri Wäscher (Barbara Grimm) verspricht den verarmten Güllenern eine Milliarde. Als Gegenleistung verlangt sie Gerechtigkeit. Um diese Gerechtigkeit dreht sich Dürrenmatts raffiniertes Stück runde zweieinhalb fesselnde Stunden.

Katharina Rupp glänzt in ihrer Inszenierung mit tollen Einfällen: Sie schickt mit Lou Elias Bihler als Bobby einen eloquenten Butler auf die Bühne, lässt Alfred Ill (Mario Gremlich) und Claire einen arthrotisch-skurrilen Tango aufs Parkett legen und setzt den umtriebigen Kaufrausch der verblendeten Güllener in farbig-bewegte Bilder um. Die Einfälle der Regie gehen nicht ins Leere: Sie bringen Zug in Dürrenmatts Story. Längen gibt’s keine.

Grau dominiert das Bühnenbild. Umbauten dauern nur Sekunden. Himmeltraurig grau sind die Umstände, unter denen die Güllener leben. Güllen steckt in Schwierigkeiten. Das Dorf braucht dringend Geld. Aber die Milliarde steht ihnen nur dann zu, wenn sie Ill, Claires Geliebten von damals, töten. Die Bürger sind ob dieser Forderung hell entrüstet und geloben Ill felsenfeste Solidarität. Gleichzeitig verfallen sie in einen wahren Kaufrausch und lassen alles aufschreiben. Alle wissen’s, doch nur der Lehrer spricht’s im Suff auch aus: Alfred Ills Tod ist besiegelt.

Schliesslich kriegt denn die Zachanassian ihre Gerechtigkeit. Sie zahlt und nimmt Ills Leiche im Sarg mit nach Capri. Dort hat sie ihm ein Mausoleum errichtet. Jetzt kann er sie nicht mehr verlassen, wie damals, als er sie schwanger hat sitzen lassen und zur Hure hat werden lassen. Heute, als Milliardärin, kann sie sich die Vergeltung leisten.

Theater ist dann gut, wenn man gleichzeitig im Sessel und im Stück versinkt. Und das ist bei der alten Dame der Fall: Die Inszenierung modelliert Dürrenmatts Motive klar heraus: Die Beteuerungen und das Handeln der Güllener widersprechen sich.
Unmittelbar vor den Wahlen ist das eine beklemmende Erkenntnis. Und am Schluss ist klar: Die Gerechtigkeit kriegt, wer sie zu bezahlen vermag.

Was das Ensemble und die Menschen in seinem Umfeld geboten haben, hat gefesselt und weckt Vorfreude auf eine langjährige Amortisation der investierten Millionen für das Solothurner Stadttheater.

Mehr Infos zum Stück und weitere Aufführungsdaten findet man hier.

Ruedi, der heimliche Spiritus rector von zmitz. Denn es gibt nichts, was der längstjährige Kulturtäter und Musiker nicht kennt. Haben die Jungspunde im Team eine Idee, Ruedi weiss, wer mehr Infos hätte oder wen man einbeziehen sollte. Und im Zweifelsfall sind die damals auch bei ihm zur Schule gegangen. Der bekennende Kleinkunstliebhaber ist ganz gross, wenn es um das hiesige Kulturschaffen geht.