Die Hitzewelle hatte uns alle voll im Griff. Eine gute Alternative bot da ein Museumsbesuch. So machte sich Bloggerin Dominique Niklaus an einem Hitzetag auf dem Weg ins gut gekühlte Bundesmuseum für Musikautomaten. Nach Seewen.
Nun, zuerst habe ich mich trotz Navi verfahren (was an mir lag und nicht am Navi), weil die Abzweigung nach Seewen kann man resp. frau leicht übersehen. Seewen liegt an der Kantonsgrenze zu Basel-Land, nicht weit von Liestal entfernt. Vorbei an Orten, die ich als Bielerin nicht mal vom Hörensagen kannte. Doch die Mühe hat sich wahrlich gelohnt, denn nebst der wunderbaren Landschaft des Schwarzbubenlandes liegt das Museum wie ein kleines Schatzkästchen diskret auf einem Hügel, der Bau preisgekrönt modern, und was sich darin befindet, gleicht wahrlich einem kleinen Schatz. Mögen dem Laien Musikautomaten zuerst nicht viel sagen, so hat doch zumindest Stephan Eicher mit seiner aktuellen Tour diesen altertümlichen Maschinen zu neuer Popularität verholfen.
Das Museum wurde vom leidenschaftlichen Sammler Dr. h.c. Heinrich Weiss aufgebaut und im Jahr 1990 dem Bund geschenkt, welcher sich nun um dem Erhalt der erlesenen Musikdosen, Plattenspieldosen, Automaten, Uhren mit Musikwerk und grossen mechanischen Musikautomaten kümmert. Besichtigen kann man das Museum nur mit Führung, schliesslich wollen die antiken Automaten von professioneller Hand zum Klingen gebracht werden. In der Eingangshalle stehen die grossen Musikautomaten, wie sie heute zum Teil noch im Norden Europas auf Jahrmärkten zu sehen sind. Es dröhnt und kracht aus diesen Riesenorgeln und auch die schönen Verzierungen dieser Musikwunderwerke faszinieren.
Die anderen Räume des Museums sind thematisch eingeteilt, zum einen werden verschiedene Instrumente und ihre Feinmechanik erklärt, zum anderen die Automaten in einen gesellschaftlichen und historischen Kontext gestellt. Im Raum der Wechselausstellung kann man noch bis im April 2016 «The Golden Age of the Jukebox» besuchen, wo man auch einzelne Jukebox bedienen darf (ich habe mir seit langer Zeit mal wieder Trio Eugsters «Oh läck du mir» zu Gemüte geführt…) Aber, die Perle dieses Raumes, wie wohl des ganzen Museums überhaupt, ist die Britannic-Orgel. Eigentlich konzipiert für das Schwesterschiff der Titanic, kam aber aus Kriegsgründen nie zum Einsatz und fand schliesslich eher per Zufall den Weg zum Sammler Heinrich Weiss nach Seewen. Eine Wand von Musik, riesengross und durch die Rückseite ist ein Blick auf das Innenleben des mechanischen Wunderwerks möglich. Automatisch wie von Geisterhand spielt das Monstrum klassische Stücke von der Lochkarte.
Ich kann dieses Museum nur wärmstens weiter empfehlen. Ist es doch heute im digitalen Zeitalter kaum mehr vorstellbar, was für ein Aufwand, Handwerk und mechanische Kunst konservierte Musik hören einst bedeutete und wie raffiniert diese wunderbaren Einzelstücke sind.
Man kann übrigens auch mit dem öffentlichen Verkehr anreisen. Gute Planung vorausgesetzt. Angaben zur Anreise, Öffnungszeiten des Museums wie auch Zeitangaben der Führungen findet man hier.
Was Dominique bringt, hat Hand und Fuss. Ab der eigenen Neugier überrumpelt, ist sie auch mal für Ungewohntes zu haben und scheut sich nicht, ihre Meinung kund zu tun. Vor einigen Jahren frisch nach Solothurn gezügelt, hat sie sich sofort in die Stadt und ihr Kulturleben verliebt. Sie bewahrt sich aber den Blick der Zugezogenen, der den komplett verblendeten Einheimischen manchmal abgeht. Und das ist gut so.