zmitz-Blogger Mirco Koch besuchte das Doppelkonzert der «Failures» und von «The Pride» – und fühlte sich in seine Jugendjahre zurückversetzt. Ein bisschen Nostalgie und die Feststellung, dass die Bands auch heute noch locker mithalten und -reissen können.

 

Ich muss 18 Jahre alt gewesen sein 1985. Es war das Gründungsjahr der Schaffhauser «The Pride». Selber machten wir auch Musik damals. Und wir interessierten uns sehr, vor allem für Musik mit tonnenschweren Gitarren. Neil Young brachte 1990 «Ragged Glory» auf den Markt und wir wussten: So müssen Gitarren tönen. Nach den musikalisch schwierigen 80er-Jahren gab es endlich kompromisslose Gitarrenmusik. Gigantische Wände wunderbarer Feedback-Gitarren. Die Bassisten entdeckten die Bodentreter. Effekte, am liebsten die Verzerrer. Wir besuchten Konzerte der Genfer «Maniacs» und «The Needles». Wir befreundeten uns mit «Ear» aus Winterthur und den «Aeronauten». Vom Bodensee her überrollte uns «Der böse Bube Eugen», und wir freuten uns über die intelligente Rockmusik auf Lou Reeds «New York». Eine gute Zeit.

1985 also gründeten sich in Schaffhausen «The Pride». Ein Quartett um den Sänger und wunderbaren Songwriter Tom Krailing. Uns gefiel ihre Musik. 1994 spielten sie ihr letztes Album «Lipstick Traces» ein. Danach folgte eine lange Pause. Krailing, unterdessen mit «Buffalo Ballet» unterwegs, war als Singer-Songwriter 2010 auch schon solo an den «Acoustic Nights» im Alten Spital zu hören.

2015 fanden sich «The Pride» zu ihrem 30-jährigen Jubiläum wieder zusammen. Heute haben sie viele Songs aus der Anfangszeit im Programm. Eine Tatsache, die mich persönlich sehr freut: ein wenig Nostalgie.

1987, zwei Jahre nach der «The Pride»-Gründung, formierten sich in Solothurn die bis heute kein bisschen müden «The Failures». Sie waren die ganze Zeit hindurch immer als Band aktiv und haben sich musikalisch weiterentwickelt. Man braucht sie nicht vorzustellen. Ihre CD «Cheapest Rock» von 2010 steht bei mir in hoher Gunst.

Am vergangenen Freitag kam es in der Raumbar zum Doppelkonzert. «The Failures» als Gastgeber waren der Opener und alles andere als eine Supportband. «The Pride» als ihre Gäste die zweite Band. Beide spielten ein volles Set. Zwei vollwertige Konzerte. Gegen drei Stunden Livemusik! Mir gefiel es und ich genoss diesen Abend.

Die Solothurner spielten ihren Heimvorteil vom ersten Ton an aus. Es waren viele ihrer Freunde hier. Alle freuten sich über einen guten Abend. Ein bisschen wie Geburtstag. Der Failures-Gitarrist Simon Schwab machte sich diesen Abend zum Geschenk. Er lockte seiner schweren Gibson ein Geheimnis nach dem andern aus der Seele, und feierte auf der Raumbar-Bühne schon mal seinen eigenen Geburtstag; zwei Tage vor dem eigentlichen Termin.

Die beim Konzert der «Failures» gut gefüllte Raumbar wollte sich nach der Umbaupause für «The Pride» nicht mehr richtig füllen. Viele blieben draussen, plauderten oder verschwanden. Vielleicht war es ein Fehler, dass «The Failures» als Gastgeber zuerst auftraten. Vielleicht war die Luft beim Publikum nach über einer Stunde Musik schon draussen. Vielleicht mussten viele schon gehen. Womöglich war der Beginn der Pride Show zu laut. Der Mann am Mischpult jedenfalls korrigierte die Lautstärke und mischte beiden Bands einen hervorragenden und kräftigen Sound.

«The Pride» begannen etwas verhalten, tauten aber von Stück zu Stück mehr auf und boten ein tolles Konzert. Ich freute mich über jede Perle, die sie aus ihrer Setliste zauberten. Allen, die sich ihrer Musik hingaben und bis zum Schluss blieben, schenkten sie als Supplement das wunderbare «100 Ways To Kill A Love» als zweite Zugabe. Dieses Stück Musik würde ich unbedingt mit neun anderen Songs auf die einsame Insel mitnehmen.

Nach den Konzerten lümmelte man noch ein wenig an der Bar. Ein paar letzte Gäste und die Musiker beider Bands. Man lobte sich gegenseitig und plauderte. Die beiden Gitarristen Schwab und Zahli tauschten sich aus. Es müssen grosse Glücksgefühle sein, wenn ein Feedback gelingt und die Gitarre dabei so richtig schön singt. Mike Stockers T-Shirt «Gram Parsons and The Fallen Angels» war begehrt. Allzugern hätte es ihm der Pride Gitarrist Stefan «Zahli» Zahler abgeluchst. Tom Krailing äusserte sich sehr zufrieden: Es machte ihm nichts aus, dass das Publikum immer kleiner wurde. Vielmehr freute er sich über die Verbliebenen, die ihn und seine Mitmusiker zu einer weiteren, zusätzlichen Zugabe auf die Bühne zurückholten.

Dringend erwähnenswert ist die unglaublich liebevoll gestaltete Box «Boxing Clever», die «The Pride» sich und ihren Freunden zum 30. Geburtstag schenkten. Dreimal 10‘‘Vinyl und zwei CD’s, teilweise remastertes, auch unveröffentlichtes und sogar neues Material, dazu ein wirklich wunderschönes Booklet. Alles in einer Box: Ein Kunstwerk.

Rund um diesen Konzertabend hing ein Gerücht in der Luft, welches die Failures-Stimme Bruno Flury indes nicht bestätigen wollte: Demnach wollen «The Failures» wieder ins Studio, um an einem neuen Album zu arbeiten. Hoffentlich ist etwas Wahres dran. Schön, wenn es nach dem gelungenen «Cheapest Rock» von 2010 wieder neue Musik von den Solothurnern geben würde, vielleicht 2017 zum 30. einen siebten (!) Longplayer? Mich würde es freuen!