Eine Begegnung der anderen Art hatte zmitz-Blogger Peter Gubler im Passage beim Hauptbahnhof in Solothurn.

Es ist Freitagabend, ich sitze in einem sonst eigentlich leer stehenden Raum bei der Bahnhofspassage. Die Stimmung ist gut, dafür sorgen neben netten Menschen auch mitgebrachtes Bier, Suppe und selbst gebackenes Fladenbrot. Der gekachelte Raum wurde mal als türkischer Haushaltswarenladen und Autoschauraum genutzt. Nun senkt sich die Dämmerung, und die Projektionen der Videoinstallation von Nadine Andrey bekommen immer deutlichere Konturen. Filmcollagen, die sich in Perspektive und Schnittart an drei Filmklassiker anlehnen. Die Tonspur ist vom Original, die in der Woche zuvor gefilmten Motive sind jedoch lokal. Wie üblich bei Passage wird am Freitag gezeigt, was während der Woche entstanden ist. Dabei ist schön anzusehen, wie die Installationen mit dem Raum spielen – oder spielt vielleicht der Raum mit den Bildern? Es ist schon beeindruckend, wenn vorbeifahrende Autos und Menschen durch die transparenten grossen Fensterflächen auf das Werk Einfluss nehmen.

Sich richtig Zeit nehmen, sich auf Etwas einlassen – das galt vor allem für die anschliessende Musikperformance. Wobei, «Musik»? – Was Luc Müller seinem Schlagzeug und Patricia Bossard ihrer Violine entlockten, war nichts für Harmonie-gewöhnte Ohren. Ich dachte dauernd, wann hört das Intro auf, wann beginnen die «ein richtiges Stück» zu spielen? Sie erwischten mich auf dem falschen Fuss. Es gab keine zusammenhängende Melodie, keine bekannte Struktur, keinen Takt an den ich mich hätte halten können. Es brach mit allen Erwartungen, die ich an eine musikalische Darbietung gehabt hatte – und war deshalb wunderbar. Das kann auch nur Kunst. Und wirklich, mit der Zeit entstanden in mir Bilder einer Waldlichtung, ich hörte Bäume, die sich im Wind beugten und das Rascheln der Blätter.

Mit der Zeit allerdings bekam ich’s ob dem Gekratze, Gequietsche, Gerassel und Geheule mit den Nerven. Ich dachte an IS-Gefangene in brennenden Räumen und wollte davon rennen. Ging jetzt aber nicht, also brav aushalten bis zum Schluss, auch wenn sich die übervolle Blase mittlerweile im Sekundentakt meldet. Mein Hörnachbar wird später von einem Horrorfilm berichten, der vor seinen geschlossenen Augen vorbeigezogen sei. Mir ging es nicht viel besser, aber irgendwann nahte das Happy End, Verbeugung, Schluss – und ich war um eine Erfahrung reicher.

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