26 Autorinnen und Autoren haben zum «Solothurner Lesebuch» beigetragen. Die 224 Seiten sind eine (Wieder-)Entdeckungsreise durch Stadt und Region. Teil 3 einer Lesereise.

Immer wieder taucht im «Solothurner Lesebuch» (Auftakt zur Serie hier, Teil 2) die Frage nach Heimat auf. Als St. Galler, der seit zwanzig Jahren in Solothurn wohnt, kann ich diese Frage selber sehr gut verstehen. «Er war neu in der Stadt, kannte sich nicht aus… Plötzlich war es da, wie wenn er aus einem schlechten Traum erwacht wäre. Es gab keinen Zweifel mehr. Er wusste, dass er hier bleiben wollte, dass er hier bleiben würde, denn hier hatte er seinen Halt wieder gefunden», schreibt Gerald Barth, 1968. Oder eine Stelle aus Silvano Ceruttis (1973) Text «Heimisch werden»: «Mit Kleinstädten verhält es sich wie mit Medizin. Es ist eine Frage der Dosis. In Grossstädten geht man verloren, in Kleinstädten wird man verhaftet, dann ist man auch verloren.» Aus der Sicht eines Weggezogenen tönt es so: Urs Altermatt, 1942, schreibt in einer Miniatur aus seiner Jugendzeit. «Fern der Heimat wurde ich aus lauter Heimweh zum richtigen Solothurner.»

Rolf Max Kully, 1934, berichtet von einem verregneten Familienfest an einem bekannten Ort: «Zuerst bemühten sie sich um eine private Kapelle im Wald über der Schlucht, weil sie so heimelig und stimmungsvoll gotisch war.» Gisela Rudolf Salzmann, 1947, wirft durch die Augen der Coiffeuse Graziella einen scharfen Blick auf den kleinstädtischen Klatsch. «Vita Parcours» von Erhard von Büren, 1940, beschreibt eine Joggingrunde voller Gedanken und Fragen zwischen der Kantonsschule und dem Solomarkt: «Ist ein Lebenslauf da, um ihn vor sich zu haben? Oder um ihn hinter sich zu haben?»

«Wenn ich an die frühen Jahre meines Lebens in Solothurn zurückdenke, kommen sie mir wie etwas Geträumtes vor. Erlebnisse leuchten auf, als wären sie eben geschehen», erinnert sich Herbert Meier, 1928, in «Erinnerung an frühe Jahre». «Die Gedanken gehen rückwärts, der Quelle entgegen.» Peter von Sury, 1950, begibt sich in Gedanken den Obach aufwärts bis zur Klink Obach, wo er geboren wurde, und noch weiter.

«Niemand wünscht sich in Etziken geboren zu werden.» Reto Stampfli, 1969, erzählt von seiner Bewunderung für einen Mitschüler aus dem «Block». «In den 1970er-Jahren klang Spanisch wie eine intergalaktische Geheimsprache und wenn ein Junge den klingenden Namen Jesus Angel Antonio Arconde trug, hatten wir Beats, Daniels, Rolfs und Retos gar nichts mehr zu melden.» Sogar Elvis Presley findet durch Walter Schenker, 1943, einen Bezug zu Solothurn. Ganz in Weiss und noch einigermassen schlank singt Elvis sein grosses Konzert in Hawaii, dessen Hauptstadt Honolulu von Solothurn aus gesehen ja direkt auf der anderen Seite der Erde liegt. Max Wild, 1943, erzählt die Verdienste vom heimatlichen Dichter Karl Alfred Emanuel Hartmann, eigentlich ein Berner und dazu Protestant, dem eine Gedenkinschrift in der Verenaschlucht gewidmet ist.

Das Solothurner Lesebuch wurde 2014 von Daniel Gabarell im Kulturbuchverlag Herausgeber.ch veröffentlicht. (ISBN 978-3-905939-26-2). Teil 4 der Serie über das «Solothurner Lesebuch» folgt nächsten Donnerstagmittag.