Regierungsräte können über Erlebnisse in ihrer Amtstätigkeit manch Liedlein singen. Finanzdirektor Roland Heim erzählte im Museum Blumenstein über seine Tätigkeit als Freizeit-Liedermacher. Er griff als Illustration seiner Ausführungen zur Gitarre.
Die Töpfergesellschaft gibt es seit bald 160 Jahren. Sie organisiert Referate und stellt bloss zwei Anforderungen an ihre ReferentInnen: Die Vorträge sollen gehaltvoll sein und nicht über eine Stunde dauern. Roland Heim hat seinem Publikum eine sehr kurzweilige Stunde beschert.
Gleich zu Beginn hat irritiert, dass der Mundartliedermacher sein Publikum in Hochdeutsch ansprach und nur für seine Liedbeiträge bei der Mundart blieb. Roland Heim bezeichnet sich als «Solothurner Sängerling». Will heissen: «Ich bin weder Virtuose auf der Gitarre, noch singe ich schön. Ich lasse mich aber von den beiden Handicaps nicht beeindrucken.» Er hat seine Ausdrucksform in langen Balladen mit historischen Inhalten gefunden: mit Niklaus Wengi, Hans Roth oder Wilhelm Tell als Protagonisten zum Beispiel. Darin schildert er die Helden ironisch; skurrile und träfe Bemerkungen jagen sich. Der kecke Wortwitz lässt vergessen, dass die vielen Strophenwiederholungen gelegentlich etwas monoton wirken. Heim will in erster Linie unterhalten. Moralisieren liegt ihm nicht.
Liedermacher sind Geschichtenerzähler. Sie erzählen Geschichten im Briefmarkenformat. Die Fragen, die sie am häufigsten zu hören bekommen: «Woher stammt der Stoff zu den Geschichten? In welchen Momenten setzt die Muse zum Kuss an? Zuerst Text oder Melodie?» – Roland Heim beginnt mit dem Text. Die Einfälle kommen z. B. beim Spazieren mit dem Hund oder beim Joggen. Für die Feinarbeit – zum Feilen – ist dann meist die Ruhe später Nachtstunden nötig.
Den Weg zum Liederschreiben ebneten die zwei älteren Brüder sowie die Schweizer Chanson-Treffen, die zu Beginn der Siebzigerjahre fünfmal in Solothurn stattfanden. Es war die hohe Zeit des legendären «Berner Chanson», das heute vergleichsweise in Rap oder Poetry Slam weiterlebt. Dass er schon in frühen Jahren nicht nur skurril-verspielte Texte schrieb, bewies das Lied-Beispiel «Es git settig…», welches philosophische Grundfragen thematisiert.
Studium, Militär, Politik, Familie und Beruf unterbrachen 1983 – zumindest in der Öffentlichkeit – Heims Liedermacherei für 25 Jahre. Eine Anfrage der Kulturfabrik Kofmehl brachte eine Auferstehung. Heims Auftritt am Solothurner Kleinkunsttag 2008 war der Abräumer des Abends. Er hatte sich für den Anlass u. a. einen hochdeutschen Rap im «Solothurner Protokollstil» einfallen lassen und beleuchtete darin die Seriosität des Parlamentsbetriebs in kritischer Ironie. Das positive Echo brachte als Folge weitere neue Lieder und Auftritte. Es entstanden dynamische Chansons, die Heim wo immer möglich mit Tagesaktualitäten anreicherte.
Zu Schenkelklopfen animierte die Drübereingabe «S grüene Manndli», ein Fossil aus frühen Zeiten, wenig appetitlich zwar, aber mit umwerfend-überraschender Pointe.
Seit der Wahl in den Regierungsrat hat sich Roland Heim seine zweite Singpause auferlegt. Lakonisch steht auf seiner Homepage: «Bis auf weiteres keine Engagements mehr als Solothurner Chansonnier.» Doch: Roland Heims erste CD – bereits seit 20 Jahren in Planung – erscheint zu seinem 60. Geburtstag Ende Juni dieses Jahres. Es ist zu hoffen, dass der Kollektentopf der Töpfergesellschaft nach dem gehaltvollen Auftritt des Finanzdirektors ebenso gehaltvoll zurückblieb.
Ruedi, der heimliche Spiritus rector von zmitz. Denn es gibt nichts, was der längstjährige Kulturtäter und Musiker nicht kennt. Haben die Jungspunde im Team eine Idee, Ruedi weiss, wer mehr Infos hätte oder wen man einbeziehen sollte. Und im Zweifelsfall sind die damals auch bei ihm zur Schule gegangen. Der bekennende Kleinkunstliebhaber ist ganz gross, wenn es um das hiesige Kulturschaffen geht.