Kultur bedeutet für mich der Luxus, sich in einer beliebigen Weise auszudrücken und damit sich und andere zu inspirieren. Das geht mir durch den Kopf, wenn ich an den letzten Samstagabend denke, an «danzaare», die Barfussdisco.
Hier könnte ich den Text eigentlich beenden. Ich kann nicht werten, was ich da gesehen habe. Dieser Abend entsprach mir als Person dermassen wenig, dass ich keinen Ausdruck dafür finde. Doch es gibt Menschen, denen bedeutete dieser Abend etwas und ich kann und will das nicht verurteilen. Schön, wenn diese – zugegeben wenigen – Leute einen erfüllten Abend geniessen durften. Schön, wenn sie einen Ausdruck für ihr Sein gefunden haben, einen Platz an dem sie sich und andere inspirieren können.
Ich will trotzdem kurz versuchen das eine oder andere vom Abend zu erzählen: «danzaare» lockte bereits auf der Website mit folgenden «Besonderheiten»: Die Barfussdisco dauert von 19.30 bis 23.00 Uhr, ist alkohol-, rauch- und schuhfrei und für das leibliche Wohl ist Trinken und – Achtung: «Knaberknaber» zum sich Bedienen da. Das Bild, das sich mir im Lokal über dem Adler Solothurn dann zeigte war in meinen Augen genauso esoterisch wie die Website angekündet hatte: In einer Ecke schlief eine Dame auf Matten, im Raum tanzten 15 Leute zu Worldmusic. Um 23 Uhr nahm man sich an den Händen und dankte sich gegenseitig für den Abend, der Nahrung für die Seele gewesen sei. Es gab quasi eine Zugabe, eine Dame rief dabei «Freinacht!» und es wurde bis 23.15 Uhr weiter getanzt. Dann war die Disco zu Ende. Die Schuhe wurden angezogen, Aufbruch.
Es kam mir vor wie dieser Abend im letzten Jahr als Freundinnen und ich plötzlich in der Stube anfingen zu tanzen – einfach so. Es war eine tolle Nacht im Wohnzimmer. Sie dauerte bis 4 Uhr morgens und kostete keine 25 Franken Eintritt. Es gab ein bisschen Prosecco (ja, wir durften selber wählen, was wir trinken möchten) und unser «Knaberknaber» waren fettige Chips. Und wir haben uns wohl am Morgen auch gedankt für den schönen Abend. Vielleicht hätten die 15 Leute auch besser eine Gratis-Stuben-Party organisiert. Das hätte nichts gekostet und wäre genauso inspirierend gewesen.
Das einzige, was ich nach meinem kleinen, inneren Kampf zwischen dem Recht, seine eigene Freiheit auszuleben und meinem Unvermögen, diese Erfahrung teilen zu können, wirklich sagen kann ist: Solothurn ist wohl einfach zu klein für Nischenpartys. Trotzdem gut, dass es sie gibt.
Für alle, die sich unter dem 5-Rhythmen-Takt mehr vorstellen können als ich. Es gibt in Solothurn und Kriegstetten weitere schuhfreie Anlässe: http://www.barfussdisco.ch/danzaare.html
Seit der ersten Stunde bei zmitz dabei, ist sie sich bewusst, dass Kultur nicht immer allen gefallen muss. Sie aber weiss, was ihr passt. Soll nicht heissen, dass sie auch einmal über den Tellerrand ihrer eigenen Kultursuppe hinausblickt und Dinge erkundet, die nicht unbedingt ihr Ding sind. Ihr Herz schlägt für Musik – ob ab Bühne oder Konserve – und vor allem für alles, was nicht so ganz in ein Schema passen mag. Und weil sie im Hintergrund aktiv mitdenkt, bleibt zmitz nicht so gut wie ehedem, sondern wird stets besser.